Optionen zur PSD2 Umsetzung

Obwohl in Kraft seit Januar dieses Jahres, wird die PSD2 in den Augen vieler so richtig relevant und komplex erst mit dem finalen Inkrafttreten der RTS (Regulatory Technical Standards / Technische Regulierungsstandards zur PSD2) am 14. September 2019. In den RTS wird, zusätzlich zur Strong Customer Authentification (dies ist einen separaten Beitrag wert…), vor allem, allerdings nicht nur, die regulatorische Basis für die viel und zum Teil heiß diskutierten durch die PSD2 neu geschaffenen Services „Payment Initiation Service“ (PIS) und „Account Information Service“ (AIS) gelegt. PIS steht dabei für einen Zahlungsauslösedienst, wie ihn derzeit z.B. Klarna mit SOFORT bereits anbietet. AIS meint einen Kontoinformationsdienst, wie es ihn derzeit bereits z.B. im Rahmen des MultibankingAngebotes der Deutschen Bank gibt.

An den Beispielen erkennt man bereits, dass die PSD2 keine neuen, revolutionären Services ermöglicht, sondern zum Einen bisherige Aktivitäten reguliert (mit der Konsequenz, dass in diesem Bereich tätige Unternehmen nun eine aufsichtsrechtliche Lizenz benötigen) und zum Anderen die Banken verpflichtet, nach festgelegten Regeln einen Zugang zu den Konten ihrer Kunden bereitzustellen.

Nun ist es richtig, dass aufgrund der PSD2 der Kampf um den Kunden stärker entflammt als bislang schon; neben den etablierten Playern, den Banken und Sparkassen, buhlen immer häufiger auch andere Unternehmen, im PSD2 Kontext sind dies die sog. Third Party Provider (TPP), um die Gunst der Kunden. Anders als gewohnt geht es in diesem Verteilungskampf jedoch nicht um bessere Konditionen bei einzelnen Produkten, sondern es geht um das große Ganze – den Kunden selbst. Wer es schafft, ein überzeugendes Angebot im Sinne der User Experience zu unterbreiten, der wird das Front End des Kunden und somit den Zugang dieses Kunden zu den Banking und Payment Angeboten (egal welcher Bank) darstellen. Und wer das Front End besetzt, der wird am Ende auch die angebotenen Services und Produkte (mit) beeinflussen können und einen entsprechend größeren Anteil an der Wertschöpfung innehaben können.

So zumindest die allgemeingültige Theorie…
Aus dieser ergibt sich, dass es für Banken und Sparkassen nicht hinreichend sein kann, die Vorgaben der PSD2-RTS umzusetzen, um damit „compliant“ zu sein. Vielmehr müssen von diesen entweder Abwehrmechanismen entwickelt werden, um möglichst wenig durch die TPP beeinträchtigt zu werden, oder es sind Strategien zu entwerfen, wie wann man als Institut von den Regelungen der PSD2 profitieren kann.

Abwehrmechanismen werden nicht funktionieren, da sich Kunden einer Bank oder Sparkasse bereits jetzt nicht einreden lassen, dass SOFORT oder PayPal „böse“ seien. Im Gegenteil, Kundensetzen diese Services fleißig ein, weil in der Nutzung Vorteile im Vergleich zu den Diensten der eigenen Bank liegen.

Also bleibt als sinnvolle Antwort auf die PSD2 ein progressiver Umgang mit dieser und z.B. eine Positionierung des Institutes als zentrale Schnittstelle zum Banking des Kunden und damit auch zu Konten des Kunden bei anderen Banken. Dazu bedarf es auch tatsächlich keines TPP, das kann eine Bank oder Sparkasse auch direkt ihren Kunden anbieten. Die Deutsche Bank z.B. wird sicherlich und konsequenterweise ihr Multibanking-Angebot, welche derzeit nur einen Kontoinformationsdienst darstellt, auch um die Möglichkeit zur Zahlungsauslösung bei anderen Instituten erweitern. Kunden der Deutschen Bank würden damit alle ihre Zahlungsverkehrskonten managen können, ohne sich bei anderen Instituten in das Online Banking einloggen zu müssen.

Konsequenterweise laufen nicht nur in Deutschland sondern in ganz Europa die Beratungsunternehmen zu Ihren (Ziel)Kunden, im übrigen auch wir von der OSTHAVEN Unternehmensberatung, und verbreiten die Botschaft, dass die Häuser sich entsprechend der PSD2 positionieren und Angebote entwerfen müssen, um auch nach dem 14.09.2019 das zentrale Front End des Kunden zum Banking darzustellen und dieses nicht an einen TPP oder eine andere Bank zu verlieren. Die PSD2 stelle ggf. für alle Banken und Sparkassen das Endgame um den Kunden dar.

Für Alle? Nein, an dieser Stelle sind wir ausdrücklich anderer Meinung! Nicht was das Erfordernis angeht, dass alle Banken, die „Zahlungsverkehrskonten“ (hier fehlt dem Markt noch eine eindeutige Definition) unterhalten, zum 14. September 2019 die Vorgaben der RTS umgesetzt haben müssen. Aber wir sind der Meinung, dass nicht für alle Banken die PSD2 eine über Compliance hinausgehende strategische Relevanz besitzt. Unbestritten ist, dass Retailbanken bzw. Banken mit einem hohen Anteil an Retailkunden und einem Schwerpunkt im Girogeschäft massiv von der PSD2 betroffen sein werden, im Gegenzug allerdings auch strategische Vorteile aus dem Regelwerk ziehen können. Neben Retailbanken gibt es noch viele Institute, die aus der Umsetzung der PSD2 keine spontanen Vorteile werden ziehen können bzw. keine unmittelbaren Wettbewerbsnachteile erleben werden. Hierzu zählen wir Banken, die ausschließlich im Firmenkundengeschäft tätig sind. Zahlungsauslösung spielt für diese Kunden kaum eine Rolle und Multibanking ist dank Softwareeinsatz bereits Realität. Auch Banken, deren Schwerpunkt auf Finanzierungs- und Einlageprodukten liegt, können nur mit viel Phantasie Vorteile aus der PSD2 ziehen. Die Beispiele ließen sich fortsetzen…

Klar soll werden, dass die Etablierung von Ökosystemen oder das Zusammenwachsen von Banking und Non-Banking basierend auf dem PSD2 Regelwerk nicht für alle Banken sinnvoll oder erforderlich ist. Auch wir Berater müssen hier mit Augenmaß operieren.