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Deutschland zahlt digital – eine Initiative mit Potenzial

Digitale Zahlmethoden sind für viele Verbraucher in Deutschland längst Alltag – und dennoch hängt der Einzelhandel, insbesondere im Bereich der Kleinstunternehmen, beim Thema digitale Bezahlung noch spürbar hinterher. Zwar ist auch in diesem Bereich in den letzten Jahren viel in Bewegung gekommen – so konnte ich zuletzt endlich in meinem Lieblingsimbiss meinen Döner mit Karte zahlen – insgesamt besteht aber noch deutlicher Nachholbedarf gegenüber anderen europäischen Ländern. Mit der Initiative „Deutschland zahlt digital“ will die Branche nun gemeinsam mit Partnern aus Politik und Wirtschaft diesen Rückstand aufholen. Ein guter Anlass, um die aktuelle Situation genauer zu betrachten und zu erläutern, für wen das Angebot Sinn macht, sowie auf das Kleingedruckte hinzuweisen.

 

Status quo: Digitale Zahlungen im deutschen Einzelhandel

Laut einer aktuellen Studie der S-Payment („Bezahlverhalten der Verbraucher“, 2024) nutzen derzeit über 70 % der Verbraucher in Deutschland digitale Zahlungsmittel wie Kartenzahlung, Mobile Payment oder Wallets. Doch auf Händlerseite sieht es anders aus: Besonders Kleinsthändler hinken hinterher. Die Studie Zahlungssysteme im Einzelhandel 2024 des EHI Retail Institute zeigt: Noch immer akzeptieren rund 34 % der kleinen Einzelhändler keine Kreditkarten.

Dabei steigt der Anteil der Kartenzahlungen kontinuierlich. 2023 lag der umsatzbasierte Anteil der Kartenzahlung im wobei die girocard weiterhin klar dominiert. Innerhalb von nur vier Jahren ist der Anteil somit um 11,3 Prozentpunkte gestiegen. Gleichzeitig wächst der Anteil von Mobile Payment und Wallets wie Apple Pay oder Google Pay – insbesondere bei jüngeren Zielgruppen unter 35 Jahren.

 

Warum Kleinsthändler digitale Zahlungen (noch) meiden

Die Gründe für die Zurückhaltung sind vielfältig:

 

Deutschland im internationalen Vergleich

Ein Blick über die Grenzen zeigt: Deutschland liegt beim digitalen Bezahlen im europäischen Vergleich auf den hinteren Rängen. In Ländern wie Schweden, Dänemark oder den Niederlanden ist es längst üblich, auch den Kaffee oder das Parkticket kontaktlos zu zahlen – teilweise ist Bargeld dort schon die Ausnahme.

In Schweden etwa liegt der Anteil bargeldloser Transaktionen bei über 90 %. Laut der Europäischen Zentralbank lag der Durchschnitt im Euroraum 2022 bei 55 % – in Deutschland jedoch nur bei 30 %.

Diese Diskrepanz zeigt: Deutschland hat erhebliches Potenzial aufzuholen. Und genau hier setzt die Initiative „Deutschland zahlt digital“ an.

 

Warum sich digitale Zahlmethoden lohnen – und was Studien dazu sagen

Viele Kleinsthändler unterschätzen die konkreten Vorteile digitaler Zahlmethoden. Dabei sprechen gleich mehrere Faktoren dafür, Kartenzahlung & Co. zu akzeptieren:

  1. Umsatzsteigerung durch höhere Warenkörbe

Zahlreiche Studien zeigen: Kunden, die mit Karte oder Smartphone bezahlen, geben im Schnitt mehr Geld aus als Barzahler. Die Bundesbank nennt hier einen durchschnittlich um 10–15 % höheren Warenkorbwert bei Kartenzahlungen.

Das bestätigt auch eine Studie von SumUp: In kleinen Cafés und Boutiquen führte die Einführung von Kartenzahlung im Schnitt zu einer Umsatzsteigerung von 18 % innerhalb der ersten sechs Monate.

  1. Kundenerwartungen erfüllen

Laut einer Bitkom-Umfrage („Mehrheit zahlt an der Kasse mit Smartphone oder Smartwatch“, 2024) sagen 76 % der Verbraucher, dass es sie stört, nicht überall digital zahlen zu können – das schließt auch den Bäcker, den Wochenmarkt oder den Friseursalon ein. Wer diese Erwartung nicht erfüllt, riskiert Kundenfrust – und im Zweifel den Verlust des Kunden an einen besser aufgestellten Wettbewerber.

  1. Schnellere Abwicklung und weniger Fehler

Kartenzahlungen sind schneller als Bargeldtransaktionen, insbesondere im kontaktlosen Bereich. Das reduziert Warteschlangen und erhöht die Zufriedenheit. Zudem entfällt der Aufwand mit Wechselgeld, Kassendifferenzen und Falschgeld.

  1. Weniger Bargeldhandling = weniger Aufwand

Bargeld kostet – und zwar Zeit und Geld. Das beginnt bei der täglichen Kassenabrechnung und endet beim Transport zur Bank oder dem Zählen von Münzgeld. Die Bereitstellung von Wechselgeld wird durch die Banken immer höher bepreist und auch Diebstahl oder Falschgeld führen zu Kosten im Bargeld-Handling. Laut einer Studie vom Handelsverband Deutschland (HDE) verursacht Bargeld Kosten von rund 24 Cent pro Transaktion, während Kartenzahlungen bei modernen Tarifen teilweise deutlich darunter liegen. Ein guter Teil davon wird fairerweise allerdings erst wegfallen, wenn ein Händler komplett auf die Akzeptanz von Bargeld verzichtet.

  1. Sicherheit und Transparenz

Digitale Zahlungen reduzieren das Risiko von Diebstahl, Einbruch oder Fehlbeträgen. Zudem bieten sie automatisch digitale Belege – was insbesondere in der Buchhaltung ein echter Vorteil ist.

  1. Modernes Image

Die Akzeptanz digitaler Zahlungsmethoden ist längst auch ein Marketingfaktor. Wer Apple Pay, Google Pay oder kontaktloses Bezahlen ermöglicht, wirkt modern, kundenfreundlich und zukunftsorientiert – ein wichtiger Punkt im Wettbewerb um junge, digitalaffine Zielgruppen.

 

Was bedeutet die Formulierung zu den Konditionen für Händler?

In den Förderbedingungen der Initiative „Deutschland zahlt digital“ heißt es:
„Die Konditionen gelten für alle Transaktionen der Marken EC, Maestro, Mastercard, Visa und V PAY. Die Kostenübernahme erfolgt 12 Monate ab Vertragsbeginn bis zu einem Umsatz von 50.000€ resultierend aus digitalen Zahlungen.

Wichtig ist hier: Mit „EC“ sind nicht klassische girocard-Zahlungen gemeint, wie sie vielen Händlerinnen und Händlern in Deutschland geläufig sind. Stattdessen bezieht sich die Bezeichnung auf Transaktionen mit sogenannten Co-Badge-Karten, bei denen etwa die Maestro-Funktion der girocard im Ausland oder im E-Commerce genutzt wird.

Die girocard kann somit durch die Händler akzeptiert werden, spätestens im zweiten Jahr fallen bei der Abwicklung über Maestro jedoch die höheren Kreditkartengebühren an. Ermöglicht der individuell gewählte Zahlungsdienstleister jedoch die Abwicklung der girocard über das girocard-Netzwerk, so muss eine Kostenübernahme für das erste Jahr mit dem Zahlungsdienstleister individuell vereinbart werden – die Gebühren werden nicht von der Initiative Deutschland zahlt digital übernommen. Langfristig ist die Abwicklung über das girocard-Netzwerk für den Händler allerdings die günstigere Alternative.

Für Partner der Initiative – insbesondere Zahlungsdienstleister – bedeutet das wiederum, dass sie transparent kommunizieren müssen, welche Transaktionen unter die geförderten Konditionen fallen. Händler sollten sich daher im Onboarding-Prozess genau informieren lassen, wie die Kartenakzeptanz im jeweiligen Paket strukturiert ist – und welche Zahlarten gefördert werden.

Langfristig kann die Initiative dennoch wichtige Impulse setzen, denn mit dem Ausscheiden von Maestro (Ende 2027) und der zunehmenden Verbreitung von Debitkarten auf Mastercard- oder Visa-Basis wird sich die Bedeutung internationaler Kartensysteme im deutschen Handel ohnehin verstärken. Am Ende des ersten Jahres werden die Händler mit großer Sicherheit merken, dass viele ihrer Kunden gerne digital zahlen und sie darauf nicht mehr verzichten können. Die Initiative hätte damit ihr Ziel erreicht, bislang skeptische Händler zu einer Kartenakzeptanz zu bewegen.

 

Entwicklung des Markts: Wohin geht die Reise?

Die Rahmenbedingungen sprechen klar dafür, dass digitale Zahlung in Deutschland weiter zulegen wird:

Analysten gehen davon aus, dass bis 2027 über 80 % aller Zahlungen im Einzelhandel digital erfolgen werden. Vor allem bei Kleinbeträgen wird kontaktloses Zahlen zunehmend zur neuen Normalität.

 

Fazit

Digitale Zahlungen sind mehr als nur eine neue Technologie – sie sind ein zentraler Teil moderner Kundenerwartung. Wer heute nicht digital denkt, läuft Gefahr, morgen irrelevant zu sein.

Wir sehen daher in der Initiative „Deutschland zahlt digital“ einen wichtigen Impuls, um insbesondere Kleinsthändler auf dem Weg zur Digitalisierung mitzunehmen. Entscheidend ist dabei nicht nur die Technik, sondern die Aufklärung: Welche Lösung passt zum Geschäft? Welche Anbieter sind seriös? Welche Prozesse müssen angepasst werden?

Für alle Händler gilt daher: Setzen Sie sich aktiv mit digitalen Bezahloptionen auseinander – nicht als lästige Pflicht, sondern als Chance. Kundennähe, Effizienz und Zukunftssicherheit lassen sich heute einfach erreichen – vorausgesetzt, man ist bereit, die ersten Schritte zu gehen.

 

Update 08.04.25: Kommt bald eine Pflicht zur digitalen Zahlungsannahme?

Die Bedeutung digitaler Zahlverfahren wird aktuell auch durch politische Entwicklungen in Berlin unterstrichen. Im Rahmen der laufenden Koalitionsverhandlungen wird laut verschiedener Medien wie z.B. des Spiegel konkret darüber diskutiert, ob Händler und Gastronomiebetriebe künftig gesetzlich verpflichtet werden sollen, mindestens eine elektronische Zahlungsart – etwa Kartenzahlung oder Mobile Payment – neben Bargeld anzubieten.

Ein solcher Schritt würde einen Paradigmenwechsel in der traditionell bargeldgeprägten deutschen Zahlungskultur bedeuten. Kommt es zur Umsetzung, könnte dies insbesondere bei bisher zögerlichen Kleinstbetrieben zu einem deutlichen Schub für elektronische Zahlarten führen.

Für die Initiative „Deutschland zahlt digital“ wäre diese politische Entwicklung ein zusätzlicher Rückenwind: Neben freiwilligen Anreizen durch Aufklärung und Kostenerstattung würde auch ein regulatorisches Signal gesetzt – digitale Zahlungen sind kein „Nice-to-have“ mehr, sondern werden zur Grundanforderung.

Händler sollten daher nicht auf gesetzliche Vorgaben warten, sondern sich frühzeitig vorbereiten. Die Initiative bietet hierfür einen risikoarmen Einstieg in die digitale Zahlungswelt.