Digitaler Euro

Wird der digitale Euro einen Mehrwert für Banken und den deutschen Einzelhandel bieten?

Üblicherweise sind viele der Themen, die Branchenkenner als spannend ansehen, für einen Großteil der Gesellschaft absolut nicht von Interesse. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es sich um ein nerdiges Payment Thema handelt, welches keine Schnittmenge mit dem Bereich Banking hat. Bei dem digitalen Euro, also der europäischen Zentralbankwährung oder auch als Central Bank Digital Currency („CBDC“) bezeichnet, handelt es sich jedoch nicht um ein solches Nischenthema, sondern um die Frage, ob neben dem Bargeld ein weiteres, gesetzliches und gänzlich digitales Zahlungsmittel zur Verfügung gestellt werden soll. Selbstverständlich besteht nun die Möglichkeit, einen weiteren Artikel darüber zu verfassen, aus welchen Gründen die Einführung des digitalen Euros sinnvoll oder nicht sinnvoll erscheint oder den aktuellen Stand der Entwicklung des Regelwerkes zusammenzufassen. Hierzu gibt es jedoch bereits zahlreiche Veröffentlichungen und die Inhalte sollten Ihnen als Rezipienten somit auf die eine oder andere Art und Weise bekannt sein.

Aus diesem Grund möchten wir einen anderen Ansatz wagen und uns mit der Fragestellung beschäftigen, welchen Einfluss der digitale Euro auf die deutschen Banken, abseits der prophezeiten Liquiditätsprobleme, resultierend aus dem Abwandern der Buchgeldeinlagen der Bank auf das digitaler Euro- Konto, haben kann. Ergänzend beleuchten wir ebenfalls den Einfluss auf den Einzelhandel sowie die Zahlungsverkehrsdienstleister, die für die erfolgreiche Einführung des digitalen Euros notwendig sind. Diese Überlegungen sind aus unserer Sicht besonders interessant, da die EZB und die deutsche Bankenlandschaft bis heute noch keine handfeste Daseinsberechtigung für diese Währung formuliert haben. Hiervon ausgenommen betrachten wir die ursprüngliche Intention des europäischen Gesetzgebers, sich vor dem zunehmenden Einfluss der Payment-Marktführern jenseits des Atlantiks, wie beispielsweise VISA oder Mastercard, abzugrenzen und dem Wunsch eines digitalen Europas.

Vor der Beantwortung dieser Fragestellung möchten wir dennoch kurz in das Thema einführen und erläutern, was es genau mit dem digitalen Euro auf sich hat und welche Teilnehmer von der Einführung betroffen sind.

 

Was ist ein digitaler Euro und was nicht?

Laut der EZB wäre der digitale Euro ein “elektronisches Zahlungsmittel, das allen Menschen kostenlos zur Verfügung steht. Wie Bargeld heute könnten Sie einen digitalen Euro überall im Euroraum nutzen, und er wäre sicher und privat.” Abgeleitet von dieser Definition, soll der digitale Euro ein gesetzliches Zahlungsmittel analog dem heutigen Bargeld – welches insbesondere in der deutschen Bevölkerung sehr beliebt ist – mit allen Vor- und Nachteilen sein. Um dies zu erfüllen, müssen Händler den digitalen Euro mit sehr wenigen Ausnahmen (Geschäfte, die heute keine Kartenzahlung akzeptieren, weniger als 2 Mio. EUR Umsatz generieren und weniger als 10 Mitarbeiter aufweisen) sowohl Online als auch Offline mithilfe einer Wallet-Lösung oder einer Karte akzeptieren.

 

Bei dem digitalen Euro handelt es sich nicht um Kryptowährung, welche laut BaFin als digitale Finanzinstrumente einzustufen sind und sowohl für Zahlungen als auch für Investition und Spekulation genutzt werden können. Kryptowährungen weisen abseits der Markets in Crypto-Assets Regulation (MiCA) ein geringes Maß an Regulierung auf, sind sehr volatil und verfügen nicht über eine Einlagensicherung, wodurch sie im Vergleich zu einer Central Bank Digital Currency wie dem digitalen Euro eher am risikoreichen Ende der Skala zu verorten sind. Transaktionen werden mithilfe dezentraler Autorisierungsmethoden durch Inanspruchnahme der Rechenleistung individueller Nutzer durchgeführt Der digitale Euro ist ausschließlich als Zahlungsmittel angedacht, welches auf einer zentralen Plattform namens digital Euro Service Platform („DESP“) autorisiert und laut aktueller Planung der EZB auf einer zentralisierten Blockchain gespeichert wird.

 

Wer ist von der Einführung eines Digitalen Euros betroffen?

Analog dem bekannten 4-Parteien Modell im Kreditkarten-Acquiring sieht auch der digitale Euro klare Teilnehmer und deren Aufgaben vor.

Die prominenteste Teilnehmerin am digitalen Euro ist die Europäische Zentralbank, welche die Regeln zur Teilnahme am digitalen Euro definiert und nimmt auf diesem Weg eine Rolle analog des European Payments Council (EPC) im SEPA-Scheme ein. Darüber hinaus stellt die EZB die Autorisierungsplattform (DESP) zur Verarbeitung der Transaktionen sowie die entsprechenden Schnittstellen für Banken und Dienstleister zur Verfügung.

Neben der EZB gibt es noch die Geschäftsbanken des Zahlenden (Payer) und des Zahlungsempfängers (Payee). Diese agieren als intermediär zwischen der EZB und den eigenen Kunden und übernehmen nach erfolgreicher Registrierung den KYC-/AML-Prozess im Auftrag der EZB und binden die Schnittstellen in ihre Kernbankensysteme, Zahlungsverkehrslogiken (Funding/Defunding/Waterfall (Reverse)) sowie Online-Banking Applikationen ein.

Auf der Akzeptanzseite positionieren sich die Dienstleister, zu denen Netzbetreiber, Acquirer und Payment Service Provider gehören, um die gesetzlich verpflichtende Annahme des digitalen Euros für die Händler vorzubereiten und die Akzeptanz nach Anbindung an die Autorisierungsplattform der EZB auf den Bestand der (virtuellen) Terminals auszurollen.

Das Augenmerk sollte jedoch auf dem Nutzer liegen, welcher die Lösung der EZB bzw. die in das Online-Banking eingebetteten Schnittstellen der EZB, schlussendlich nutzen soll, um der Zentralbankwährung zum Erfolg zu verhelfen.

 

Welchen Einfluss hat der digitale Euro auf die Teilnehmer in Deutschland?

Da der digitale Euro aktuell ausschließlich als Zahlungsmittel im Endkundensegment vorgesehen ist (Retail-CBDC) und den Massenzahlungsverkehr (Wholesale-CBDC) somit nicht berücksichtigt, hängt der Erfolg des digitalen Euros von den Verbrauchern ab. Abseits der Fieberträume mancher bankeninternen PR-Abteilungen wissen laut Bundesbank lediglich 43% der deutschen Bürger etwas mit dem Begriff digitaler Euro anzufangen. Beinahe 80 % einer repräsentativen Stichprobe der Bundesbank halten den digitalen Euro für nicht sinnvoll bzw. sprechen sich aktiv gegen die Nutzung aus und fürchten zudem durch den vermeintlichen Verlust der Anonymität dystopische Szenarien, welche an George Orwells “1984” erinnern. Anonymität und Datenschutz sind jedoch nur zwei Symptome, welche sinnbildlich für die Ablehnung deutscher Verbraucher gegenüber der digitalen Währung stehen und demonstrieren, dass der Wunsch bezüglich der Einführung des digitalen Euros eher politischer Natur ist und weniger vom eigentlichen Nutzer gefordert wird.

Die Folgen der Diskrepanz zwischen staatlichem Anwendungswunsch und dem Anforderungsprofil der Verbraucher werden anhand bereits existierender Lösungen verdeutlicht. Entgegen den Ambitionen nationaler Notenbanken weisen bereits etablierte CBDCs, wie die eNeira (Nigeria), der Jam-Dex (Jamaika) oder der Sand Dollar (Bahamas), eine sehr niedrige Nutzungs- und Akzeptanzrate auf. Gründe hierfür sind unter anderem fehlendes Vertrauen in die Regierung der Länder, die geringe Akzeptanz im Handel sowie die weit verbreitete Nutzung von alternativen Zahlungsmethoden, wie beispielweise Kryptowährungen. Mehrere Jahre nach der Einführung der CBDCs kann das Fazit gezogen werden, dass die geringe Verbreitung innerhalb der Bevölkerung darauf zurückzuführen ist, dass staatliche Lösungen für Probleme präsentiert wurden, die von den Bürgern nicht als Problem wahrgenommen wurden und tatsächlich existierende und adressierte Bedürfnisse nicht auf staatlicher Ebene bei der Konzeption der CBDCs Berücksichtigung fanden. Als Gegenbeispiel ist der chinesische e-yuan anzuführen, bei dem eine stetig wachsende Verbreitung unter Verbrauchern sowie Händlern zu verzeichnen ist. So wurde der Anwendungsbereich des e-yuan im Sommer 2023 erweitert, indem das Shanghai Clearing House, eine der chinesischen Zentralbank unterstellte Clearingstelle für Finanzdienstleistungen, mit dem Clearing und der Abrechnung des digitalen Yuan für den Rohstoffhandel begonnen hat und damit einen weiteren Schritt zur institutionellen Einführung der digitalen Währung der chinesischen Zentralbank vollzog.

Für den Fall, dass der digitale Euro innerhalb der europäischen Bevölkerung Anklang finden sollte, hätte dies vor dem Hintergrund, dass die Akzeptanz beim Händler nicht auf marktüblichen Kriterien, sondern auf der staatlichen Verpflichtung fußt, einen starken Einfluss auf das Geschäftsmodell der Banken. Dies kann eine mögliche Verlagerung der Transaktionszahlen hin zum digitalen Euro zur Folge haben, dessen Transaktionsverarbeitung für den Verbraucher kostenlos ist. Darüber hinaus verursacht die Akzeptanz des digitalen Euro Kosten, welche nur anteilig über ein Transaktionsentgelt des Payment-Dienstleisters refinanziert werden können.

Zunächst werden sich deutsche Banken mit ihrer neuen Rolle als verlängerter Arm der EZB arrangieren müssen, da Sie die KYC- und AML-Prozesse, basierend auf den Stammdaten aller Kunden mit einer bestehenden vertraglichen Beziehung, durchführen sollen. Trotz der Tatsache, dass die Bank diesen Prozess lediglich für die EZB ausführt, trägt sie nach aktuellem Wissensstand die entstehenden Investitionen für Personalaufbau sowie Aufwände für die Durchführung. Nachträglich kann der Verbraucher die digitaler Euro-Wallet per SEPA-Überweisung vom Girokonto befüllen und Salden über die EZB-App oder aber die per EZB-Schnittstelle in das Online-Banking der Hausbank übertragenen Informationen einsehen. Am POS und im E-Commerce wird mit der Wallet oder einer Karte bezahlt. Wer die Verpflichtungen des Issuing abseits der Processing-Dienstleistung übernimmt und ob es möglicherweise ein Co-Badge als Ergänzung zu bestehenden Karten geben wird, ist derzeit nicht klar.

Bekannt ist jedoch, dass seitens der Payment-Dienstleister ein transaktionsbasiertes Entgelt sowie eine Gebühr für mögliche Transaktionsrisiken erhoben werden darf. Dennoch ist der Wunsch nach einer Beteiligung der Banken an diesen transaktionsbasierten Entgelten absehbar. In diesem Kontext ist erwähnenswert, dass wero (European Payment Initiative) als privatwirtschaftliche Wallet-Lösung im Jahr 2024 an den Start gehen soll und erste Überlegungen bezüglich der Einbettung des digitalen Euros in das wero-Ökosystem öffentlich diskutiert werden. Eine solche Partnerschaft ist besonders aus der Perspektive von wero strategisch interessant, da die Verbreitung der wero-Wallet innerhalb des Europäisches Währungsraumes durch die Integration des digitalen Euro als gesetzliches Zahlungsmittel gesteigert werden könnte.

Wie teilnehmende Banken die entstehenden Kosten für die Einführung und den Betrieb des digitalen Euros refinanzieren könne, ist derzeit nicht bekannt. Da die laut der EZB als Basic Services eingestuften Dienstleistungen, welche unter anderem den Zahlungsverkehr, das Kunden-Onboarding und den Betrieb der Wallet beinhalten, gratis zu erbringen sind, kann die Refinanzierung der entstehenden Kosten lediglich über eine Beteiligung am Händlerentgelt stattfinden.

Nicht nur für Banken bleiben Fragen offen, sondern ebenfalls für Dienstleister, welche die Akzeptanzseite des digitalen Euros abbilden sollen. Netzbetreiber, Payment Service Provider und Acquirer müssen sich wie auch die Banken an die Autorisierungsplattform der EZB anbinden und die Akzeptanz an (virtuellen) Terminals testen und abnehmen lassen, bevor diese auf den Bestand von über eine Millionen physischer Geräte ausgerollt werden kann. Im Gegensatz zu den Banken dürfen Payment-Dienstleister jedoch ein marktübliches, transaktionsbasiertes Entgelt einfordern. Da das Acquiring-Processing im klassischen Sinne wegfällt, können die getätigten Investitionen sicherlich mit der ein oder anderen geschickt eingesetzten Servicegebühr kompensiert werden. Dennoch ist fraglich, wie Dienstleister aus der klassischen Acquiring Welt auf die Herausforderungen des digitalen Euro, wie beispielsweise der Instant Verarbeitung von Transaktionen sowie einer Account-to-Account Infrastruktur, reagieren können. Darüber hinaus bleibt offen, ob Netzbetreiber und Acquirer ihr originäres Geschäftsmodell auf den digitalen Euro anwenden können, wenn die Transaktionsverarbeitung und die Händlerauszahlung im Verantwortungsbereich der EZB liegen und der Zahlungsdienstleister die Aufgaben des Infrastrukturanbieters und Customer- Service-Center für den digitalen Euro übernimmt. Besonders die Betreuung von Kunden und Händler während des laufenden Betriebes sowie bei einer Störung oder Fehlfunktion ist erfolgskritisch und die entsprechenden Verantwortlichkeiten müssen vor Marktstart abschließend geklärt sein.

Möglicherweise wäre aus rein technischer Sicht die Einführung von wero mit dem digitalen Euro als Saldo auf der Wallet tatsächlich die charmanteste Lösung. PayPal fährt schließlich auch sehr gut mit dem Ansatz einer Staged-Wallet und ein wenig Inspiration schadet nicht.

Schlussendlich wird sich ebenfalls der Handel mit der gesetzlich verpflichtenden Annahme des europäischen Zahlungsmittels auseinandersetzen müssen. Auch wenn ein neues Zahlungsmittel aus Perspektive des Handels vorerst wie eine unnötige Fragmentierung des europäischen Payment-Marktes aussieht, können sich auch Vorteile ergeben. Beispielsweise könnten sich die Kosten für innereuropäische Transaktionen reduzieren, indem nicht die etablierten Zahlsysteme Verwendung finden, sondern der digitale Euro. Darüber hinaus würden die Kosten für das Bargeldhandling reduziert werden. Kunden, die weiterhin mit Bargeld bezahlen wollen, können dies ohne weiteres als Zahlmethode nutzen. Auch könnten Einzelhandelsunternehmen ihre Kundenbindung weiterhin durch die Auszahlung von Bargeld am Point of Sale stärken. Dennoch ist zu beachten, dass laut aktueller Planung der EZB vorgesehen ist, dass der Saldo auf jeder Händler-Wallet stets auf 0,00 € zu setzen ist, um den Anforderungen an Geldwäscheregularien zu genügen und um das maximale Haltelimit nicht zu überschreiten. Dies kann zu einem Anstieg der Buchungsposten auf dem jeweiligen Konto des Händlers führen und ohne ein entsprechendes Umsatzpooling-Angebot der Payment-Dienstleister kostspielig werden. Bei genauerer Betrachtung der Mitglieder innerhalb der Rulebook Development Group finden sich jedoch genug Vertreter der europäischen Zahlungsverkehrsdienstleister, wodurch diese Punkte sicherlich adressiert und die entsprechenden Interessen vertreten werden. Da Privatpersonen lediglich eine digitaler Euro-Wallet besitzen dürfen, kann die Prüfung des maximalen Haltelimits einfacher geprüft und das digitaler Euro-Regelwerkbefolgt werden.

 

Bis wann sollten die relevanten Fragen geklärt sein?

Nach Beendigung der Untersuchungsphase zur Einführung des digitalen Euros im Oktober 2023, welche die Ausarbeitung der Funktionen, die technischen Anforderungen an die digitale Zentralbankwährung sowie die Rechte und Pflichten der Teilnehmer beinhaltete, folgt nun die Vorbereitungsphase. In dieser Phase werden Mindestanforderungen an die Benutzerfreundlichkeit, relevante Marken- und Kommunikationsstandards, Prozess und Ablauf einer Zertifizierung inklusive der dafür notwendigen Test- und Zulassungsverfahren, interne Vorschriften und Risikomanagement in den aktuellen Entwurf des Regelwerkes aufgenommen. Mit dem Abschluss dieser Phase steht einer Pilotierung des digitalen Euros -unter der Prämisse, dass die EU-Kommission sich für einen digitalen Euro ausspricht, nichts mehr im Weg.

 

Stellt der digitale Euro für Verbraucher eine echte Alternative zu bestehenden Zahlmethoden dar?

Unabhängig von der Frage, ob die digitale Zentralbankwährung eingeführt wird, steht die Frage, wie Verbraucher auf diese reagieren. Besonders der Mehrwert des digitalen Euros ist für viele Verbraucher nicht greifbar, da Bargeld sowie Debit- und Kreditkarten für den Alltag als ausreichend wahrgenommen werden.  Der Unterschied zwischen E-Geld und einem digitalen Euro ist vielen Menschen nicht bekannt und bietet bei näherer Betrachtung der Anwendung im Alltag kein echtes Unterscheidungsmerkmal. Auch das Argument der sicheren Einlagen in Zentralbankgeld schießt an der Lebensrealität vieler Menschen vorbei, da diese eine Einlagensicherung bis zu einer Summe von 100.000 € bei ihrer Bank besitzen und die Einlagen dort verzinst werden. Ergänzend hierzu haben sich Konsumenten auf die Vorteile bekannter Bezahlmethoden sowie deren Nutzung seit Jahren eingestellt. Kreditkarten werden häufig verwendet, um Liquiditätsengpässe zu umgehen, unrechtmäßig autorisierte Transaktionen werden mithilfe eines Chargebacks zurückgefordert und Value Added Services schaffen Vorteile in Form von Versicherungen, Cashback-Lösungen, Loyalty-Programmen oder Rabattaktionen. Bargeld ist anonym und wird innerhalb der Währungsunion, in der ein digitaler Euro eingesetzt werden würde, ohne Ausnahmen akzeptiert. Welches real existierende Problem der digitale Euro löst und ob der Verbraucher neben Lösungen wie Apple Pay, PayPal, Klarna und Co. noch eine weitere Wallet verwenden muss oder ob EPI die erfolgsbringende Staged-Wallet wird, ist aktuell noch unklar.

Aus heutiger Sicht ist eine digitale Währung der Prototyp für einen Versuch, aus dem sich sehr interessante Aspekte für ein digitaleres Europa ergeben können. Ob der digitale Euro allerdings die Nutzung erfahren wird, die sich die EZB derzeit erhofft, welche Anwendungsfälle dominieren, welche Zahlverfahren darunter leiden oder gar hinzugewinnen, ist unklar und wird sich erst nach dem Marktstart abschließend bewerten lassen.

 

Banking as a Service – Embedded Banking, Regulatorik und wie aus Partnern Wettbewerber werden

Wer sich in den vergangenen Monaten mit der privaten Geldanlage beschäftigt hat, der wurde häufig auf unterschiedliche Einlageangebote mit attraktiver Verzinsung aufmerksam. Risikoreiche Anlagemöglichkeiten, welche als „High Risk & High Return“ klassifiziert werden können, wie beispielsweise in Kryptowährungen, gehören, wie das aktuelle Handelsvolumen innerhalb Deutschlands aufweist, der Vergangenheit an. Folglich muss entschieden werden, ob ausreichend Wechselwille vorhanden ist, um auf eines der zeitlich begrenzten Lockangebote einiger lokaler oder internationaler Direktbanken einzugehen, oder die Einlagen von den blauen und roten Kollegen verwaltet werden sollen, trotz der Tatsache, dass diese nicht so ganz gewillt sind, den gestiegenen Einlagenzins an ihre Kunden weiterzugeben.

So oder so, deutlich wird, dass der Risikoappetit und Investitionswille von Verbrauchern durch antizipierte Unsicherheiten – Inflation, Krieg, gestiegenen Rohstoff- und Heizkosten, Zinsanstieg- und real sichtbarem Abschmelzen der Sparguthaben (durchschnittlich 5,5 %) gesunken ist. Dies spiegelt sich ohne Frage in diversen Branchen wider und hat nicht zuletzt zumindest einen Einfluss auf die Anpassung der Prognose zum Negativwachstum der deutschen Volkswirtschaft.

Doch sind es nur Verbraucher, die sich nach Sicherheit sehnen oder lässt sich dies analog auf die institutionelle Welt übertragen? Ergänzend drängt sich die Frage auf, wie kapitalintensive Firmen in der Payment-Industrie auf diese Situation reagieren und ob es gallische Dörfer gibt, welche trotz der herausfordernden wirtschaftlichen Lage mit einem Produktportfolio abseits von „Save now, buy later“ Produkten Erfolge realisieren, während andere verschwinden?

 

Wind of change für Firmen im Wachstum

Im Juli 2022 wurde der europäische Leitzins das erste Mal seit Juli 2011 von der EZB angehoben. Doch bereits vor dieser Erhöhung sowie den in Summe zehn nachfolgenden Korrekturen des Leitzinses war für viele junge Unternehmen klar, dass sich das Investmentverhalten institutioneller Investoren anpassen wird. Diese Annahme materialisierte sich in einem Rückgang von Investitionen in risikoreiche Sparten, wie beispielsweise dem Venture Capital. Zugesicherte Finanzierungsrunden platzten, vormals gefeierte „Unicorns“ mussten über zehn Prozent ihrer Belegschaft entlassen und Private Equity Firmen sowie Venture Capital Fonds erklärten, dass Profitabilität und nicht der stets beliebte Hockey Stick, welcher das Neukundenwachstum darstellt, weiterhin die relevanteste Messgröße ist und bleibt, auch wenn das in der Vergangenheit nicht so aussah. Trotz dieser grundsätzlichen Veränderungen in der Geschäftsrealität vieler FinTechs gab es Unternehmen, welche entgegen dem Trend vom Risikokapital zur Einlagenverzinsung wuchsen. Diese Firmen spezialisierten sich auf Dienstleistungen, die vormals klassischen Banken zugeordnet wurden. Differenzieren können sich diese Firmen, da sie sich häufig auf einen Teil der gesamten Produktpalette einer Bank spezialisieren und diese als Dienstleistung an FinTechs und Unternehmen vermieten. Dem aufmerksamen Leser wird sicher bereits der Gedanke gekommen sein, dass es sich um Firmen im Bereich Banking as a Service (BaaS) handelt. Dennoch bleibt die Frage, warum ein Markt der weitläufig zwischen Infrastruktur-Anbietern – FIS, Avalog, Sopra Steria oder dem Young Star Mambu – und Banking-Anbietern – Solaris, Trezoor, Modulr oder Raisin – als aufgeteilt gilt, regelmäßig Innovationen und daraus abgeleitete Geschäftsmodelle hervorbringt.

 

Warum ist Banking as a Service so attraktiv?

Banking as a Service ist kein komplett neues Konzept, da seit einigen Jahren populäre Anbieter wie die aktuell von der BaFin beaufsichtigte Solaris Bank, Banking Circle oder TrueLayer genau diese Dienstleistung als Kernprodukt vertreiben. Wie der Name bereits vermuten lässt, verbirgt sich hinter dem Akronym BaaS die Bereitstellung von Bankdienstleistungen einer vollständig lizenzierten Bank an unlizenzierte Unternehmen. Auf diese Weise werden die nicht lizenzierten Unternehmen in die Lage versetzt, ihren Kunden Produkte anzubieten, welche früher Banken vorbehalten waren. Neben der Bereitstellung von Zahlungsverkehr innerhalb und außerhalb des Europäischen Währungsraumes sowie eines Kontos, gewannen in der Vergangenheit primär Firmen, welche sich auf die Ausgabe einer Kreditkarte im Firmenkundensegment spezialisierten, an Popularität. Durch das „Verleihen“ der Banklizenz besteht die Möglichkeit schnell, ohne hohes Eigenkapital und mit überschaubarem Personal als Finanzunternehmen im Markt Fuß zu fassen.

Der BaaS-Anbieter profitiert von der Inanspruchnahme, da neben Plattformgebühren für die Bereitstellung der Software ergänzend ein Entgelt für jede Transaktion gegenüber dem FinTech abgerechnet wird. Sollte sich das Fintech dazu entscheiden auch Kredite auszugeben, fällt ein ergänzendes Entgelt für die Bereitstellung des Eigenkapitals sowie der Ausgabe des Kredites, auch Fronting genannt, an. Die Summe der Einzelposten macht deutlich, dass der BaaS-Anbieter nicht durch die Bereitstellung eines Mandanten auf dem Kernbankensystem ernstzunehmende Erlöse generiert, sondern durch die Skalierung der Kunden auf Transaktionsbasis, ungeachtet, ob es sich um eine Kreditkartenzahlung, eine SEPA-Transaktion oder die Ausgabe eines Kredites handelt. Aus dieser Perspektive betrachtet, ist nachvollziehbar, warum ADAC oder Amazon im Kontext Issuing-Processing so interessant sind. Und wenn es sich um Corporate Cards mit entsprechendem Aufschlag handelt, um so besser. Das viele BaaS-Anbieter der zweiten Generation stark technologiegetrieben agieren, wird anhand der Tatsache deutlich, dass der Verbraucher nicht immer erkennt, wer im Hintergrund die Payment Klaviatur von Processing bis Settlement bedient.

 

Embedded Finance ermöglicht die Verschmelzung zwischen Kunde und Kernbanksystem

Neben der Bereitstellung der regulatorischen Erlaubnis ermöglichen BaaS-Anbieter ihren Kunden die Dienstleistungen in das eigene Ökosystem einzubauen, sodass diese für den Kunden unsichtbar und aus Sicht des Prozesses nahtlos werden. In der Praxis werden Onboarding, Kontenverwaltung etc. in dem Frontend des FinTechs dargestellt, die relevanten Daten werden jedoch über entsprechende Schnittstellen im Kernbankensystem des BaaS-Anbieters verwaltet. Dieser Ansatz wird Embedded Banking genannt und geht über das weitläufig bekannte „White Lable“ weit hinaus. Trotz der Tatsache, dass dieses Modell durch intelligentes Marketing der BaaS-Kunden sowie der Etablierung der eigenen Brand im deutschen Markt an Beliebtheit gewonnen hat, taten sich viele der als Bank auftretenden Unternehmen schwer, den Weg zur Profitabilität über die Beteiligung an der generierten Interchange Fee oder einem Buchungsposten zu beschreiten. Eine mögliche Erklärung hierfür ist, dass Verbraucher oder Unternehmen ohne Zugang zu Kreditlinien bei einer etablierten Bank ins Ziel gefasst wurden und diese überschaubare Transaktionsvolumen generieren. Schlussendlich wird deutlich, dass BaaS-Nutzer zwar den Kundenkontakt besitzen, in der Wertschöpfungskette jedoch als Vermittler auftreten. 

 

Love it, leave it, change it

Gemäß diesem Motto, sind FinTechs mehr und mehr daran interessiert selbst Dienstleistungen anzubieten. Der modulare Ansatz der BaaS-Provider wird nun zweckentfremdend auf Regulatorik und ihre Grenzen angewandt. Konkret bedeutet dies, dass junge Unternehmen durch die Zulassung als Zahlungsdienstleister oder als E-Geld Institut nach Zahlungsdienste­aufsichtsgesetz (ZAG) selbst einen Platz in der Wertschöpfungskette einnehmen, den sie zuvor angemietet haben und auf diesem Weg den Mittelsmann ausschalten. Beispielsweise können E-Geld Institute in Deutschland Konten anbieten, zinsfreie Salden gutschreiben, am SEPA-Scheme teilnehmen oder unter bestimmten Bedingungen kurzfristige Kredite ausgeben.

Aufgaben, welche nicht im Fokus dieser Anbieter liegen, nicht durch ausreichend Eigenmitteln abgesichert werden können oder zu aufwendig sind, werden wiederum an Wettbewerber ausgelagert. So besteht die Möglichkeit, dass ein Unternehmen zwar Konten bereitstellt, den dahinter liegenden Zahlungsverkehr und das Clearing, das Issuing sowie die Kreditprüfung inkl. Fronting, Auszahlung und Servicing an Dritte auslagert. Der Endkunde sieht lediglich einen Anbieter, über den Dienstleistungen bezogen werden. Diese Strategie ist aus vielerlei Hinsicht interessant, da die Unternehmen Dienstleistungen in ihrem Kerngeschäft anbieten und darüber hinaus die Notwendigkeit einer beispielsweise Vollbanklizenz für sich prüfen können. Sicherlich möchten wir nicht die Rolle eines Trendbarometers einnehmen, dennoch empfinden wir die Anzahl der Zahlungsdienstleister und E-Geld Institute, welche in Deutschland Ihre Dienste anbieten dürfen, als höchst interessant.

 

Mehr als 390 Zahlungsdienstleister und 200 E-Geld-Institute dürfen ihre Dienstleistungen innerhalb Deutschlands anbieten. Der Relativierung halber muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass nicht alle im Bereich Banking as a Service tätig sind. Dennoch ist es für die in Summe 590 Lizenzhalter, welche in Deutschland agieren dürfen, relevant, auch weiterhin innovativ aufgestellt und regulatorisch abgesichert zu sein. Besonders die Implikationen für Zahlungsdienstleister und E-Geld-Institute, resultierend aus der Payment Service Directive 3 (PSD3) sowie der damit einhergehenden Verschmelzung von Electronic Money Directive 2 (EMD2) und Payment Service Directive 2 (PSD2) zur Payment Service Directive 3 (PSD3) und Payment Service Regulation 1 (PSR1) wird eine besondere Herausforderung darstellen.

 

PSD3

Der im Juni 2023 durch die Europäische Kommission veröffentlichte Entwurf der PSD3 schafft weitere spannende Anwendungsfälle für regulierte Unternehmen. Die PSD3 ergänzt durch die PSR1, welche als Verordnung direkt in deutsches Recht umgesetzt wird, geht einen weiteren Schritt in Richtung Harmonisierung des europäischen Zahlungsverkehrs. Basierend auf dem aktuell vorliegenden Entwurf der PSD3 sollen zukünftig E-Geld-Dienste und Zahlungsdienste zusammengelegt und unter dem Begriff des Zahlungsinstitutes subsumiert werden. Die PSR1 soll Änderungen am bestehenden Open-Banking-Rahmen einführen, die Hindernisse für die Bereitstellung offener Bankdienstleistungen beseitigen und letztlich Bank- und Finanzdienstleistungen stabilisieren und verbessern. Account Information Service Provider und Payment Initiation Service Provider werden zukünftig die Möglichkeit besitzen, benutzerdefinierte Schnittstellen zu erstellen und diese für die Verbindung mit Banken und anderen Finanzinstituten zu nutzen. Dieses Zusammenspiel aus Banking as a Service Dienstleistungen, Embedded Banking sowie innovativer Regulatorik ermöglicht bestehenden Firmen Wachstum und gibt Markteinsteigern eine Daseinsberechtigung. Diese Innovationskraft beantwortet die eingangs gestellte Frage, warum einige wenige Firmen in technologiegetriebenen Branchen bestehen, ein Großteil jedoch durch Insolvenz oder durch Konsolidierung vieler nicht wettbewerbsfähiger Firmen verschwindet.

 

Abschließend bleibt die Frage nach dem Ausblick und wie dieser aussehen kann. Werden BaaS-Firmen in ihrer heutigen Form in mittelbarer Zukunft bestehen können, oder ergreifen FinTechs die Chance, selbst einen Teil der Wertschöpfungskette abzubilden und nutzen BaaS-Anbieter, um weniger strategisch relevante Produkte auszulagern? Besonders der Einfluss der Regulatorik auf diese Fragen bleibt mit Spannung zu beobachten und wird zeigen, ob heutige Partner zukünftig zu Wettbewerbern werden.

Worldcoin – eine Krypto-Währung? Oder der heilige Gral der Authentifizierung?

Es ist das nächste große Ding. Oder soll es zumindest werden: Worldcoin – der nächste Geniestreich von Sam Altman, dem Kopf hinter ChatGPT. Doch was ist Worldcoin eigentlich genau? Einfach nur eine weitere digitale Währung? Oder ein Tool, das schon bald unsere Geschäftsprozesse und viele anderen Aspekte unseres Alltags beeinflussen wird?

Die ganze Einordnung finden Sie bei unseren Partnern der finanz-szene

Wie EPI (bei aller Skepsis) vielleicht doch ein Erfolg werden könnte

Die European Payments Initiative ist eben erst gestartet – und doch herrscht im Markt schon jetzt eine „EPI ist zum Scheitern verurteilt“-Stimmung. Verständlich ist die Skepsis allemal. Schließlich wirft der Plan eines europäischen Bezahlsystems unzählige Fragen auf. Etwa: Wofür braucht der Kunde ein weiteres Payment-Verfahren? Oder: Welche Motivation sollten PSPs und Händler haben, auf einen Erfolg von EPI hinzuwirken?

Gleichwohl: Statt den vielen Abgesängen einen weiteren hinzuzufügen, will ich heute lieber fragen: Was müsste passieren, um aus der European Payments Initiative (oder genauer: aus „EPI 2.0“) vielleicht doch ein Erfolgsprojekt zu machen? Dazu beleuchte ich zunächst die Perspektiven der beteiligten Parteien (Politik, europäische Banken, deutsche Banken, PSPs, Händler, Kunden) – um am Ende eine Reihe von Vorschlägen für die Zukunft von EPI zu formulieren.

Lesen Sie unsere Vorschläge bei unseren Partnern der finanz-szene

OSTHAVEN-Praxis: Optimierung der eCommerce-Zahlungsinfrastruktur für eine Omnichannel-Zukunft

Die Zahlungsabwicklung im E-Commerce ist einem ständigen Wandel ausgesetzt. Händler werden immer wieder vor die Frage gestellt, wie sie sich für die Zukunft richtig aufstellen. Für die Marktanalyse und Ausschreibung von Zahlungs-Dienstleistungen werden daher oft die Experten von OSTHAVEN in Anspruch genommen. Heute geben wir Ihnen einen Einblick in eines unserer spannenden Projekte, das exemplarisch für viele weitere ähnliche Projekte steht. 

Ein großer Omni-Channel Händler steht vor der Herausforderung, die Abwicklung von PayPal- und Kreditkarten-Zahlungen auf seiner E-Commerce-Plattform auf neue Beine zu stellen. Der bisherige Payment Service Provider (PSP) des Kunden hat im Zuge der Marktkonsolidierung mehrere Wettbewerber inkl. deren PSP-Technologie übernommen. Um die internen Prozesse des PSPs zu vereinfachen, soll die bislang vom Händler verwendete Schnittstelle auf das Altenteil geschickt werden. Der Wechsel auf die vom bisherigen PSP als zukunftssicher auserkorene eigene Alternative soll dem Händler mit einem kleinen Werbekostenzuschuss (WKZ) schmackhaft gemacht werden. Da es in der Vergangenheit ohnehin von Zeit zu Zeit zu Systemausfällen und Fehlern in der Zahlungsabwicklung gekommen ist, ist beim Händler durchaus Bereitschaft zu einem Wechsel vorhanden. Die angebotene Alternative des PSP stellt sich jedoch nach intensiver Prüfung als nicht zu 100% geeignet heraus, da wichtige und häufig verwendete Funktionen nicht abgedeckt werden können. Folglich hat sich der Händler zu einer Suche nach weiteren Möglichkeiten entschlossen und für die Marktanalyse und Ausschreibung der PSP-Dienstleistung die OSTHAVEN GmbH beauftragt. 

Bei der Vorbereitung für das Projekt wurden vor allem die folgenden Punkte als besonders relevant für die Auswahl der neuen PSP-Schnittstelle identifiziert: 

Darüber hinaus sollen interne Prozesse zwischen Webshop und ERP weiterhin möglichst identisch ablaufen, so dass der interne Anpassungsbedarf in der IT-Entwicklung und bei den buchhalterischen Prozessen minimiert wird. 

 

Fachliche Anforderungen 

Besonders wichtig für das Geschäftsmodell des Händlers ist die zeitverzögerte Abrechnung der Transaktionen mit zweistufiger Autorisierung und Einlösung (Capture) über einen längeren Zeitraum. Für die Abwicklung von Abo-Modellen ist bei PayPal-Konten und Kreditkarten die Speicherung des Zahlmittels und die Zustimmung des Kunden für eine dauerhafte Verwendung erforderlich. Die Speicherung soll komplett beim PSP erfolgen, um so für möglichst geringe PCI-Anforderungen (der kürzeste Fragebogen SAQ-A ist das Ziel) beim Händler zu sorgen. 

Der auszuwählende Dienstleister muss Kreditkarten- und PayPal-Transaktionen aus allen Webshops des Händlers in drei Ländern verarbeiten können sowie PostFinance-Transaktionen im Schweizer Webshop. Vorkasse-, SEPA-Lastschrift- und Zahlungen gegen offene Rechnung wickelt der Händler ebenso wie das Scoring der Kundinnen und Kunden und die darauf aufbauende Zahlartensteuerung zur Betrugsvermeidung in Eigenregie ab. 

Da das Omnichannel-Business immer wichtiger wird und auch beim Händler einen großen Stellenwert einnimmt, werden die Omnichannel-Fähigkeiten der möglichen Dienstleister detailliert abgefragt. 

 

Technische Anforderungen 

Die Zahlungsabwicklung soll für Kundinnen und Kunden möglichst nahtlos im Händler Webshop eingebunden werden. Ein Absprung per Redirect wie in der Vergangenheit wird nicht mehr gewünscht. Das Look and Feel soll möglichst zu 100% vom Händler beeinflusst werden können. Aufgrund der weiterwachsenden Beliebtheit des E-Commerce ist eine jederzeit gewährleistete Performance (24/7) und eine entsprechende Garantie mittels Service-Level-Agreement (SLA) unerlässlich. Daneben wird die dauerhafte Verfügbarkeit einer Testumgebung gefordert, über die alle relevanten Geschäftsvorfälle analog zur Produktivumgebung getestet werden können. 

 

Auswahlprozess 

Alle in Frage kommenden Dienstleister erhalten die von OSTHAVEN zusammen mit dem Händler erstellten Ausschreibungsunterlagen. Darin enthalten ist eine detaillierte Beschreibung der fachlichen und technischen Anforderungen und ein Fragenkatalog zu weiteren Features im Angebot der Provider, die ggf. in der Zukunft genutzt werden sollen. Alle PSP erhalten die Möglichkeit, selbst Fragen zu stellen. Die Antworten darauf werden allen Anbietern zugänglich gemacht. Alle Zahlungsdienstleister, die die Ausschreibungsunterlagen vollständig zurückschicken, erhalten die Möglichkeit, ihr Angebot in einem digitalen Workshop im Detail vorzustellen. 

Die verschiedenen Beteiligten auf Händlerseite erstellen im Nachgang der Workshops ihre Bewertungen der Anbieter anhand einer detaillierten Bewertungsmatrix, die vor der Ausschreibung gemeinsam entwickelt wurde. Um die verschiedenen Preiskomponenten vergleichbar zu machen, wird eine umfangreiche Simulation der Kosten für die nächsten 5 Jahre erstellt, in die Szenarien für verschiedene Geschäftsentwicklungen einfließen. 

Mit den zwei am besten bewerteten Unternehmen werden im Folgenden weitere Gespräche und Verhandlungen geführt. Es geht mit beiden noch einmal deutlich tiefer in die technischen und fachlichen Anforderungen hinein. IT-Experten des Händlers schauen sich die Schnittstellen-Dokumentationen der Konkurrenten hinsichtlich Machbarkeit, verwendeten Technologien, Aufwand und Risiken aus E-Commerce- und ERP-Sicht an. Dabei tauchen an verschiedenen Stellen Fragen und Probleme auf, die jedoch jeweils zwischen den Experten des Händlers und der Anbieter gelöst werden können. 

Am Ende entscheidet das Management des Händlers zugunsten des minimal teureren Anbieters insbesondere aus folgenden Gründen: 

 

Umsetzung 

Im unmittelbaren Anschluss an die Vertragsunterzeichnung beginnen die verschiedenen Teams des Händlers (IT E-Commerce, IT ERP, Buchhaltung, Kundenservice, Betrugsprävention) damit, die Schnittstellen-Anbindung zu konzeptionieren. Dabei wird besonderer Wert daraufgelegt, dass alle geänderten Prozesse zukunftssicher und performant ausgestaltet werden. So muss z. B. die Verarbeitung der Settlement-Files des PSP angepasst werden. Da ohnehin eine Änderung ansteht, wird statt der in der Vergangenheit verwendeten Batch-Verarbeitung auf eine Verarbeitung der Einzeltransaktionen über eine Schnittstelle (API-Verarbeitung) umgestellt. Dies führt zu einem höheren Automatisierungsgrad, einer beschleunigten Abarbeitung und dauerhaft geringerer Last auf den Systemen. Im E-Commerce wird eine deutlich verbesserte Überwachung der Interaktionen der Kundinnen und Kunden implementiert, so dass Probleme mit Hilfe von automatisiertem Monitoring und regelbasierter Alarmierung deutlich schneller erkannt werden können. 

Für Kundinnen und Kunden wird der Prozess deutlich einfacher, da sie durch die verbesserte Verwendung der Tokenisierung keinerlei Zahlungsdaten mehr eingeben müssen, wenn sie der Speicherung ihrer Daten zustimmen. So entfallen beispielsweise die Eingabe des dreistelligen CVC-Codes bei Kreditkartenzahlungen oder die Anmeldung bei PayPal. 

Der Go-Live der einzelnen Webshops, d. h. die Umstellung vom alten auf den neuen PSP, erfolgt sukzessive beginnend mit dem Kleinsten, der auch die geringste Prozesskomplexität aufweist. Dies hilft dabei, Fehler mit möglichst geringem Kunden-Impact zu erkennen und zu beheben. 

 

Erfolgsmessung 

Am Ende können nahezu sämtliche Ziele erreicht werden. Die fachlichen Anforderungen können durch den neuen Dienstleister vollständig abgedeckt werden, die Prozesse zwischen Webshop und ERP müssen nur geringfügig verändert werden und der Preis der Dienstleistung ist auf einem ähnlichen Niveau wie vorher. Durch die Umstellung auf moderne Technologien und durch verbesserte Prozesse in der Schnittstelle vom Webshop zum PSP können zudem weitere Verbesserungen erreicht werden: Die Abwicklung der PayPal- und Kreditkarten-Transaktionen erfolgt deutlich schneller und mit einer höheren Annahmequote von Kreditkarten-Zahlungen durch den Acquirer. Bei Kundinnen und Kunden mit gespeicherten Zahlmitteln sinkt zudem die Abbruchrate. 

Einzig der interne Aufwand ist leicht höher als zuvor geschätzt, da die PayPal-Anbindung über die Schnittstelle des neuen PSP und die Migration der Token vom alten zum neuen PSP höheren Abstimmungsaufwand der beteiligten Parteien erfordert als angenommen (Händler, PSP und PayPal bzw. Händler, alter und neuer PSP). Die dadurch leicht gestiegenen Implementierungskosten werden jedoch durch die höhere Conversion und den dadurch wachsenden Umsatz mehr als ausgeglichen. 

 

Erfolgsfaktoren 

Wesentliche Erfolgsfaktoren des Projektes sind die Erarbeitung der Anforderungen und die Erstellung der Ausschreibungsunterlagen durch alle beteiligten Fachabteilungen. Durch die direkte Einbindung letzterer wurde auch eine größeres Commitment zum Projekt erreicht. Von entscheidender Bedeutung war zudem der Blick auf die Zukunftsfähigkeit des Anbieters insbesondere im Hinblick auf Technologien und Prozesse, die die spätere Implementierung erleichterten.  

 

Fazit 

E-Commerce-Händler verändern nur sehr ungern funktionierende Zahlungsprozesse, weil die Kunden an dieser kritischen Stelle im Checkout auf Veränderungen und insbesondere auf Fehler besonders sensibel reagieren. Mit einer gründlichen Aufnahme der Anforderungen und einer sorgfältigen Auswahl des dazu passenden Dienstleisters können Händler jedoch Probleme vermeiden, die Abläufe für ihre Kunden verbessern sowie relevante und ergebniswirksame Kennzahlen verbessern während sie ihre Zahlungsabwicklung fit für die Zukunft machen. 

Request to Pay (RTP): Romanze, Posse oder Krimi im Impro-Theater – Spannung bis zuletzt

Wer saß nicht schon einmal in einem dieser Krimidinner-Events und hat sich in vielleicht anheimelnder Atmosphäre vom Charme der Schauspieler in ein packendes Mordkomplott verwickeln lassen? Nun ja, wenn dann dieses Event auch noch durch ein Impro-Theater dargeboten wird, ist der Ausgang und die Rollenverteilung zwischen Mörder(n), Adjutanten, Konspiranten und Mordopfer(n) oft umso undurchsichtiger und ungewisser. Und unter gewissen Umständen ist auch der ursprüngliche Mordgedanke nicht mehr primärer Zweck dieser Unterhaltung.

Theater sind oft nur Abbilder unserer alltäglichen Lebensumstände. Und da auch in der Welt der Zahlungsabwicklung diese gespiegelte Realität ihr „Vorbild“ sucht, hat sich mit „Request to Pay“ das passende Szenario für dieses Schauspiel gefunden.

Das ganze Schauspiel finden Sie bei unseren Kollegen der finanz-szene

Lang lebe die girocard…

Der Abgesang auf die beliebteste Bezahlkarte hierzulande wurde schon oft angestimmt – auch nun wieder, wo mit der bevorstehenden Einstellung von Maestro auch die angestammte Co-Badge-Lösung der girocard vor dem Aus steht. Doch ist die girocard wirklich dem Tode geweiht? Wer profitiert von dieser Panikmache? Und wie geht es mit der girocard weiter?

 

Woher kommt eigentlich die girocard?

Jeder in Deutschland kennt sie und nennt sie wahrscheinlich immer noch „ec-Karte“: die girocard. Nur die Älteren unter uns werden sich noch daran erinnern, dass diese als Scheckkarte und reine Zahlungsgarantiekarte vor über 50 Jahren von deutschen Banken ausgegeben wurde. Zu dem Zeitpunkt wusste man nicht, dass mit dieser Eurocheque-Karte der Grundstein für das spätere elektronische Bezahlen gelegt werden würde. Mithilfe des Magnetstreifens wurde die Karte später um eine Debitfunktion erweitert und man konnte Bargeld an den Geldautomaten abheben oder zusammen mit der Geheimzahl (PIN) in der Tankstelle, im Lebensmitteleinzelhandel oder Restaurant bezahlen. An dieser Stelle sei kurz erwähnt, dass „ec“ ursprünglich als Bezeichnung für das Eurocheque-Verfahren galt und man daraus sowohl das „electronic cash“ als auch das lange verwendete Logo für die heutige girocard abgeleitet hat. Interessant dabei ist die Tatsache, dass die Rechte für die Marke und das Logo bei Mastercard liegen und die Verwendung durch die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) auf einer Vereinbarung dieser beiden Parteien basierte. Dieser Umstand führte 2007 zur Entwicklung einer eigenen Wort- und Bildmarke durch die DK für die girocard. Es dauerte aber noch viele Jahre bis man auch Geld für das Marketing in die Hand nahm, um sich dann endgültig von der Markenabhängigkeit zu lösen. Manche fest verankerte Namen bekommt man allerdings nur schwer aus dem Kopf und so nennen auch heute noch viele die girocard „ec-Karte“.

Seit Anfang des neuen Jahrhunderts wurden die Karten dann sukzessive mit einem EMV-Chip ausgestattet, was sowohl die Sicherheit als auch die Zahl der möglichen Anwendungen erhöhte – wie zum Beispiel die Geldkarte oder das kontaktlose Bezahlen. Mittlerweile liegen im Jahr 2022 die kontaktlosen Bezahlvorgänge mit der girocard bei weit über 70 Prozent und sie wird auch in Bezahl-Apps wie „Mobiles Bezahlen“ der Sparkassen, der „Pay“-App der Volks- und Raiffeisenbanken oder der Apple Pay Wallet hinterlegt, um damit smart und digital am POS zahlen zu können. Und in den E- und M-Commerce hat es die digitale girocard mittlerweile (und viel zu spät) dank der Apple Pay-Lösung der Sparkassen auch geschafft. Die Integration als weitere „funding source“ in das neue giropay-Produkt der paydirekt steht kurz vor dem Launch. An dieser Stelle sollte noch erwähnt werden, dass erst durch den Discounter-Effekt, also dem Einstieg von Lidl (2003) und Aldi (2005), der Siegeszug und damit der starke Anstieg der girocard Transaktionen seinen Anfang nahm.

 

Des Deutschen liebste Karte…

Heutzutage ist die Marktabdeckung der girocard sowohl auf Seiten der Karteninhaber als auch bei den Akzeptanzstellen flächendeckend. Und das obwohl einige Privat- und Neobanken in den letzten Jahren das Produkt degradiert, aus dem Portfolio genommen oder gar nicht erst berücksichtigt haben, aber dazu später mehr. Laut einer repräsentativen Allensbach-Studie zur Nutzung und Akzeptanz von bargeldlosen Bezahlverfahren besaßen im Jahr 2021 rund 97 Prozent der befragten Bürger ab 16 Jahren in Deutschland eine girocard. Insgesamt sind über 100 Millionen dieser Karten im Umlauf und die Corona-Pandemie hat für eine beispiellose Steigerung der Akzeptanzstellen gesorgt.

In den letzten 3 Jahren wurden knapp 250 Tausend Akzeptanzstellen hinzugewonnen. Jetzt kann man endlich auch beim Bäcker um die Ecke mit der girocard zahlen… Und auch das Transaktions- und Umsatzwachstum kann sich sehen lassen. Erstmals wurde im Jahr 2022 laut EURO Kartensysteme die Marke von 3 Milliarden Transaktionen geknackt. Der Umsatz lag in 2021 bei 253 Mrd. Euro (134 Mrd. Euro im ersten Halbjahr 2022).

 

Maestro wird eingestellt – und was heißt das nun für die girocard?

Ist dann alles Gold was glänzt bei der girocard? Natürlich nicht, aber was in den letzten Wochen und Monaten an Presseartikeln oder Kommentaren zur girocard und insbesondere zur Einstellung des Co-Badge Maestro durch die MasterCard zu lesen ist, das grenzt an Ignoranz. Vielleicht wurde das vermeintliche Aus aber auch bewusst mit der Hoffnung im Netz gestreut, dass viele Artikel einfach blind voneinander abgeschrieben werden. Selbst sogenannte „Bezahlexperten“ sprechen von einem „nahen Ende der girocard“. Weitere Beispiele für Schlagzeilen, die man in letzter Zeit lesen kann, sind: „EC-Karte steht vor dem Aus“, „Die klassische EC-Karte hat in Deutschland wohl keine Zukunft mehr“ oder „Auslaufmodell girocard“. Um es mal gleich auf den Punkt zu bringen, das ist natürlich vollkommener Nonsens und man kann sich schon die Frage stellen, wer von dieser Panik- und Meinungsmache profitieren könnte?

Zunächst aber sollten wir uns mit den Fakten befassen. Mastercard hat sich schon länger mit der Einstellung von Maestro auseinandergesetzt. Dabei spielte die girocard keine Rolle, da es sich um ein weltweit verbreitetes Debitkarten-System handelt und das angekündigte Aus alle Länder in Europa betrifft. Dieser Schritt dürfte auch in anderen Teilen der Welt folgen. Tatsächlich handelt es sich bei Maestro nicht nur um ein eigenes Debitkarten-Brand, sondern um ein internationales Zahlungsnetzwerk mit einer von den Mastercard Kredit- und Debitkartennetzwerken getrennten technischen Infrastruktur, welches bereits 1985 gelauncht wurde.

In erster Linie werden daher die Realisierung von Synergieeffekten und Kosteneinsparungen die maßgebliche Rolle bei der Entscheidung von Mastercard gespielt haben. Ein weiterer wichtiger Faktor betrifft den größten Nachteil der Maestro-Karte, nämlich dass man diese grundsätzlich nicht im Wachstumsmarkt E- und M-Commerce einsetzen kann. Anders gesagt, die Issuer waren nicht verpflichtet diese für den E-Commerce zuzulassen und das war in Deutschland die Regel. Für den starken Trend zur Digitalisierung und den Onlinehandel haben Mastercard und Visa ihre neuen Debitkartenprodukte (Debit Mastercard bzw. Visa Debit) bereits seit einigen Jahren positioniert. Valerie Nowak erklärt als EVP Product & Innovation Europe Mastercard zur Abschaffung von Maestro: „Dabei geht es nicht ausschließlich um die Fähigkeit, eine Debit-Karte einfacher und problemloser in einer digitalen Umgebung zu nutzen. So kann eine Debit-Mastercard beispielsweise auch – genauso wie eine Mastercard Kreditkarte – dazu genutzt werden, für Reisebuchungen zu bürgen.“

 

Langer Übergangszeitraum lässt Maestro noch nicht sofort verschwinden

Maestro ist seit den 90er Jahren als Co-Badge und damit mit eigener Bezahlfunktion auf einer girocard integriert. Solange die Karten in Deutschland am Geldautomaten oder Bezahlterminal eingesetzt wurden, sind diese Transaktionen über das electronic cash-System (heute girocard) abgewickelt worden. Erst der Einsatz der girocard im Ausland oder an einem SumUp / Zettle Terminal (das sind die kleinen weißen Payment-Terminals, die keine girocard akzeptieren) führte zur Anwendung von Maestro mit seinem internationalen Zahlungsnetzwerk. Dabei erfolgte die Belastung des dahinterliegenden Bankkontos entsprechend der einer girocard grundsätzlich am nächsten Bankarbeitstag, so dass der Karteninhaber keinen Unterschied zu seiner lieb gewordenen Bankkarte empfand.

Und was folgt jetzt unmittelbar aus der Entscheidung von Mastercard in Bezug auf Maestro? Nur noch bis Ende Juni 2023 dürfen Maestro-Karten ausgegeben werden. Das Co-Badge Maestro auf girocard-Karten, die eine Gültigkeit über das o.g. Datum hinaus aufweisen, wird es weiterhin geben. Einer unserer Mitarbeiter hat vor kurzem eine neue Sparkassen-Card von einer der größten Sparkassen Deutschlands ausgestellt bekommen, weil seine alte Karte abgelaufen war. Die Gültigkeit dieser Karte ist auf 12/2026 datiert, insgesamt also über vier Jahre wird diese Karte sowohl über die girocard- als auch Maestro-Netzwerke laufen können.

 

Und wie bereiten sich die einzelnen Bankensektoren auf das Maestro-Aus vor?

Die Gültigkeitszeiträume der girocard liegen bei den meisten Banken im Bereich von vier Jahren und Entscheidungen in Bezug auf Kartenportfolien sind daher immer strategischer Natur. Allein bei den Sparkassen dürfte ein kompletter Austausch der rund 46 Millionen Sparkassen-Cards (so heißen die girocards im Sparkassensektor) zu Kosten in einem kleinen bis mittleren dreistelligen Millionenbetrag führen. Die Sparkassen haben sich daher schon vor langer Zeit strategisch für die girocard ausgesprochen und bereits im Jahr 2020 die Sparkassen-Card um die Option für ein Co-Badge mit Debit Mastercard (DMC) erweitert. Bisher haben freilich nur wenige Sparkassen davon Gebrauch gemacht, aber das wird sich ändern, je näher der Tag für den Stopp der Ausgabe von Maestro-Karten rückt. Und bestimmt hat Mastercard gehofft, mit der Einstellung von Maestro die deutschen Banken unter Zugzwang zu setzen. Zu gerne würde man den großen deutschen Markt und die girocard mit der eigenen Debitkarten-Brand ablösen. Auch Payment-Dienstleister wie SumUp oder Zettle, die keine girocard akzeptieren und aktuell auf das Co-Badge Maestro setzen, können ihr Geschäftsmodell fortführen, da sie bereits die internationalen Debit- und Kreditkartenbrands von Mastercard und Visa akzeptieren. Was ändert sich dann also bezogen auf die Existenz der girocard? Genau, nichts!

Im Hinblick auf die Sparkassen-Finanzgruppe könnte es durchaus sein, dass sich Mastercard ein Eigentor geschossen hat. Vielleicht fühlte man sich angesichts eines Maestro Co-Badge-Anteils von weit über 90 Prozent zu sicher, diesen auf die Debit Mastercard zu migrieren. Es wird aktuell kolportiert, dass Visa wohl 40 Prozent der Sparkassen-Institute für Visa Debit gewinnen konnte und dass, obwohl sich die Lösung noch in der Implementierung befindet und Mastercard einen Zeitvorteil von über 2 Jahren genießen konnte.

Der andere große Bankensektor, die Volks- und Raiffeisenbanken bereiten sich ebenfalls auf die Umstellung des Co-Badge auf Debit Mastercard bzw. Visa Debit vor. Auch der Genossenschaftssektor hat sich langfristig für die girocard entschieden und auch in Bezug auf die mögliche Teilnahme an EPI 2.0 scheint bei den Genossen das letzte Wort noch nicht gesprochen zu sein. Zusammen kommen die beiden Bankensektoren auf weit über zwei Drittel der girocard-Karten und selbst ohne die Privatbanken ist die girocard mittel- bis langfristig nicht am viel beschworenen Ende.

Aber auch die Privatbanken bereiten sich mit einiger Verzögerung auf den Wechsel des Co-Badge vor. Auch für diese Banken gelten die DMC und Visa Debit als die primären Lösungen, wodurch der weitere Einsatz der girocard im Ausland über den 1. Juli 2023 hinaus ebenfalls gesichert wird. Wie am Anfang erwähnt, gibt es Direkt- und Neobanken, die entweder ganz auf die girocard verzichten oder diese im Vergleich zu den internationalen Debitkarten-Brands herabgestuft haben. An dieser Stelle kann eine DKB, N26, Targobank, Comdirect oder Santander genannt werden. Wir als Payment Unternehmensberatung, fragen uns dabei aber immer, ob es hierbei tatsächlich um produktstrategische Aspekte geht (die wir nicht wirklich nachvollziehen können) oder ob doch eher die Incentivierungen durch die internationalen Kreditkartenorganisationen (KKO) ausschlaggebend sind. Es gibt aber auch andere Beispiele für die Expansion der girocard, wie die Planungen der US-Großbank J.P. Morgan Chase zeigen, die anscheinend an einer Lizenz für die Ausgabe von girocards in Deutschland arbeiten.

 

Was denken Kunden und Händler?

Dem Kunden und Karteninhaber kann es dabei eigentlich egal sein und solange die Karte akzeptiert wird und funktioniert sowie die Belastung auf dem Konto am nächsten Tag erfolgt, wird er sich nicht beschweren, ganz gleich ob er eine Debit Mastercard, Visa Debit oder girocard in der Hand hält oder in der digitalen Wallet hinterlegt hat. Er könnte höchstens nostalgische Gründe für eine Ablehnung aufführen, weil er die girocard so liebgewonnen hat oder er amerikanischen Unternehmen grundsätzlich kritisch gegenübersteht. Auf der Akzeptanzseite steht der stationäre Handel in Deutschland weiterhin fest zur girocard, nicht zuletzt wegen der hohen Marktabdeckung, aber insbesondere auch, weil diese im Kostenvergleich mit den internationalen Debitkarten deutlich günstiger ist. Einige Händler nutzen die girocard auch immer noch für die Abwicklung der garantierten Lastschrift, wobei die Marktanteils- und Bedeutungsverluste der Lastschrift ggü. der girocard in den letzten Jahren recht deutlich waren.

Wir können also festhalten, dass die girocard auch nach Ende der Kartenausgabe von Maestro weiter läuft und kein Auslaufmodell oder gar dem Tod geweiht ist. Entweder weil die girocard zunächst weiterhin mit einem funktionierenden Maestro Co-Badge versehen ist oder dieser Co-Badge durch die DMC oder Visa Debit ersetzt worden ist.

 

Und wohin geht die girocard-Reise …?

Ist somit alles gut mit der girocard und wir können uns wieder hinsetzen?

Mitnichten! Wie am Anfang kurz erwähnt, hat die girocard und damit die DK den Trend für den Onlinehandel vollkommen verpasst. Die starke Positionierung der girocard im stationären Handel konnte im E- und M-Commerce nicht erreicht werden. Ganz im Gegenteil, sie ist dort nicht existent. Es ist sehr schwer zu verstehen, warum die girocard nicht bereits vor vielen Jahren als eigene Zahlart im Checkout eingeführt wurde. Statt diesen Schritt mit großer Verzögerung nachzuholen, wurde strategisch entschieden, die digitale girocard in Bezahlplattformen bzw. Bezahlverfahren einzubinden. Also wird man die girocard weiterhin nicht in Online-Shops oder Apps direkt als Zahlunsgart auswählen können. Dafür wird sie jetzt z.B. in das „neue“ giropay zusammen mit paydirekt integriert. Ob diese Weiterentwicklung von paydirekt mit der Integration der girocard zu einer Erfolgsstory wird, darf aufgrund der Historie bezweifelt werden, zumal EPI 2.0 wohl noch nicht vom Tisch ist und man sich zwei parallele Online-Lösungen nur schwer vorstellen kann.

In dieser Hinsicht kann man die Bemühungen der EURO Kartensysteme (EKS) als Gemeinschaftsunternehmen des deutschen Kreditgewerbes und verantwortlich für die Vermarktung und das Business Development der girocard nur begrüßen. Im Austausch mit Marktteilnehmern und dem Handel (insbesondere dem Onlinehandel) werden Anforderungen für eine digitale girocard sowie entsprechende Use Cases für den E-Commerce definiert. Dabei soll die EKS wohl eine stärkere Rolle bei der operativen Weiterentwicklung der girocard am POS, aber insbesondere im E- und M-Commerce, einnehmen. Jede hierdurch zu erzielende Verbesserung des Time-to-Market und die Stärkung der Onlinefähigkeit der girocard kann man nur gutheißen und unterstützen. Wenn man dann die Produktstrategie und das Pricing wieder vereint, ist man nicht mehr weit von einem „richtigen“ Scheme entfernt. Es darf dabei aber nicht unerwähnt bleiben, dass die zukünftigen girocard Co-Badge-Karten mit der DMC oder Visa bereits online-fähig sind und direkt im E- und M-Commerce eingesetzt werden können. Es wird spannend sein zu verfolgen, wie sich dieser Wettbewerb auf der Karte zwischen den beiden Zahlverfahren entwickelt – aber das wäre dann mal echter Wettbewerb.

Vielleicht setzt man sich dann auch noch einmal mit der Doppelregulierung auseinander. Die girocard ist das einzige regulierte Verfahren in Europa, was von zwei Regulierungen betroffen ist. Neben der Interchange Fee Regulierung (MIF-Regulierung) müssen die Autorisierungsentgelte zusätzlich zwischen Händlern und Kartenherausgebern seit dem 1. November 2014 frei verhandelt werden. Die Trennung von Produkt und Preis hat zu einer starken Komplexität geführt und kann im Onlinehandel die Akzeptanz und Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen alternativen Bezahlverfahren enorm beeinflussen.

Im Wachstumsmarkt E- und M-Commerce steht die girocard also noch ganz am Anfang und man wird sehen, ob man die starke Positionierung am POS auf den Onlinehandel übertragen kann. In diesem Marktsegment hat man viel zu viel Zeit verloren und es wird jetzt auf die richtigen Entscheidungen ankommen. Für den stationären Handel sind wir uns sehr sicher, dass die Zukunft der girocard langfristig für den Endkunden aber auch den Handel sichergestellt ist. Auf die Frage an den Geschäftsführer der EURO Kartensysteme Oliver Hommel in einem Interview mit dem IT-Finanzmagazin, ob es die girocard noch in 10 Jahren geben wird, gab er als Antwort an: „Ja, die girocard wird es in 10 Jahren noch geben!“ Und dem können wir uns nur anschließen…

Apple Pay(ment Prozessor)

Update vom 07.10.2022 unter dem Artikel

Wie Apple die Payment Branche umkrempelt und wohin die Reise gehen könnte…

In den einschlägigen Informationsquellen der Payment-Branche taucht Apple mit immer neuen Gerüchten und Bestrebungen auf, neue Payment-Dienstleistungen an den Start zu bringen („Apple benötigt bald kein Händler-Terminal mehr“) oder sogar als eigenständiges Finanzinstitut in den Markt einzusteigen („Apples Projekt „Breakout“ – auf dem Weg zur Apple-Bank?“)

 

Die Geburt und hervorragende Entwicklung von Apple Pay

Aber was heckt Apple da eigentlich aus? Und warum hat einer der größten Technologiekonzerne der heutigen Zeit nichts Besseres zu tun, als in einem der am stärksten regulierten Märkte weltweit zu versuchen, sich breit zu machen. Wir versuchen einmal die vergangenen, aktuellen und (mutmaßlich) künftigen Entwicklungen einzuordnen und sich der Frage zu nähern, wo die Payment-Reise im Hause Apple hingehen könnte.

Gestartet im November 2018 in Deutschland, hat für viele hiesige Payment-Enthusiasten mit dem Launch von Apple Pay eine neue Zeitrechnung angefangen. Getrieben von viel Hoffnung auf einen Domino-Effekt, der die zu diesem Zeitpunkt ein wenig lahmende Entwicklung elektronischen Zahlens in unserem Bargeld-verliebten Land nun endlich mal in Bewegung setzt, hieß es im Finanz-Szene Newsletter am 6. Nov 2018: „Gottseidank, Apple Pay kommt, jetzt, tatsächlich.“ Nicht nur die Aussicht auf 3 bis 6 Flaschen gewonnenen Schaumweines, auch die Hoffnung auf ein baldiges Ende des deutschen Vakuums im bargeldlosen Zahlen verleitete den Autor vermutlich zu diesen Zeilen. Seitdem hat sich Apple Pay in Deutschland hervorragend entwickelt. Laut einer GfK-Studie aus dem Sommer 2021 nutzen mittlerweile ein Fünftel der Deutschen mobiles Bezahlen, wovon Apple Pay mit 32% Anteil knapp hinter Google Pay (34%) liegt.

 

Insbesondere bei der jungen Generation ist die Beliebtheit von Apple Pay sehr hoch

Gerade bei der jungen Generation liegt der Anteil von Apple Pay aber weitaus höher und spiegelt die Beliebtheit dieser Zahlart bei den jüngeren Leuten wider. Wobei diese Zahlen die nächsten Jahre sicher noch weiter steigen dürften. Das deuten wir als hervorragend für ein bargeld-affines Land wie Deutschland. Aber wird sich Apple hiermit zufriedengeben? Zumal Apple Pay lediglich einen zusätzlichen Layer darstellt und auf der Hinterlegung einer virtuellen (digitalisierten) Debit- oder Kreditkarte im E-Wallet basiert. Im Gegensatz zu Android, was auch von Drittanbietern verwendet werden kann, hat Apple die Schnittstelle nicht geöffnet und daher gibt es für die Fans von iOS nur Apple Pay. Grund hierfür soll laut Apple der Schutz der Kundendaten sein. Wie lang das (zumindest in der EU) noch so weitergeht, ist fraglich. Die Europäische Kommission hat bereits seit Juni 2020 Untersuchungen hierzu laufen. Diese mündeten nun in einer Kartellbeschwerde, zu der sich Apple äußern muss. Das letzte Wort ist hier sicher noch nicht gesprochen und man darf gespannt beobachten, wann zum Beispiel Paypal ihre Tap-to-pay Funktion, die aktuell nur über Android angeboten wird, auch über iOS anbieten kann.

 

Das klassische 4-Parteien Modell von Visa und MasterCard

Auf der Suche nach weiteren Services entlang Apples Wertschöpfungskette dürfte hier allerdings keineswegs Schluss sein. Damit wir keinen Aspekt und keine Partei einer Zahlungstransaktion vergessen, nehmen wir das klassische 4-Parteien Modell von Visa und MasterCard als Grundlage um zu prüfen, wo Apples Payment-Reise noch hingehen kann. Im Modell werden die vier Parteien vorgestellt, die bei einer internationalen Debit- und Kreditkartentransaktion involviert sind und entsprechende Rollen bei der Kartenakzeptanz übernehmen.

Anhand dieser vier Rollen sollen die bestehenden Features aber auch möglichen zukünftigen Weiterentwicklungen im Hinblick auf Apple und Payment ableiten.

 

Der (End-)Kunde…ist König – vor allem bei Apple

Da sprechen wir von uns selbst, beziehungsweise jeder von uns, der z.B. ein Apple Smartphone, aber auch iPad oder die Apple Watch verwendet. In Deutschland sind das im Falle des iPhones knapp 30% (April 2022) der Smartphone-Besitzer. Unter den 18- bis 29-jährigen hat allerdings Apple die Nase vorne. Und was Apple Pay betrifft, kommen zum Beispiel bereits über 2,5 Millionen Sparkassen-Kunden durch fast flächendeckende Akzeptanz am POS (im E-Commerce sind die Zahlen deutlich geringer) fast sorgenfrei ohne Geldbeutel aus (wenn da nicht die Eckkneipe meines Vertrauens wäre). Und da mittlerweile ein Großteil der Privatkundenbanken zumindest Kreditkarten über Apple Pay (die Sparkasse auch die girocard) anbieten, können mittlerweile auch die meisten Kunden bedient werden.

Das Thema Datenschutz hat in Deutschland schon immer eine große Rolle gespielt. Und hier trumpft Apple vermeintlich groß auf. Beim Bezahlvorgang über Apple Pay wird niemals die tatsächliche Kreditkartennummer des Kunden gesendet. Vielmehr wird für jede Kartennummer eine Device Account Number lokal auf dem Chip Secure Element des genutzten Gerätes (iPhone, iPad, Apple Watch) gespeichert. Dieser Chip ist vollständig isoliert und somit auch nicht Teil des Backups. Bei jeder Transaktion wird nur diese Nummer dem Händler übermittelt und lediglich das zugehörige Bankennetzwerk kann die Device Account Number der eigentlichen Kartennummer zuordnen. Hiermit sollen die sensiblen Kreditkartendaten laut Apple bestmöglich geschützt werden. Das schafft Sicherheit und Vertrauen und gerade in Deutschland kann das ein wichtiger Faktor sein, aber ein Erfolgsgarant ist das auch nicht immer. Vielmehr hat Apple mit Apple Pay bei der User Experience, also der sehr einfachen und intuitiven Verwendung am POS und E-/M-Commerce gepunktet. Wie lässt sich der Zahlvorgang aus Kundensicht maximal einfach und intuitiv umsetzen?

2 Klicks. Das war die Anforderung, die Apple den kartenausgebenden Instituten als Bedingung für die Digitalisierung, also die Hinterlegung der Karte in der App stellte. Das zumindest hat Herr Dr. Schmalzl als Vorstandsmitglied des Deutscher Sparkassen- und Giroverband (DSGV) im Rahmen des EHI Payment Kongress im April 2022 in Bezug auf die Implementierung bei der Sparkassen-Finanzgruppe verraten. Jeder kann sich sicherlich vorstellen, dass der Antritt der Sparkassen ein Vielfaches dieser Klicks vorsah. Nach vielfachem hin und her wurden es bei der Sparkasse am Ende genau 2 Klicks. Nur 2 Klicks und Apple Pay ist einsatzbereit – danke Apple an dieser Stelle für Eure Beharrlichkeit! Aber das ist ja nur ein Aspekt der User Experience. Bei einem iPhone mit Gesichtserkennung muss man nur zweimal auf die Seitentaste drücken und nach der sehr schnellen Authentifizierung durch die Face ID kann man sofort zahlen. Es ist also eine sehr schnelle und effiziente sowie kundenfreundliche Zahlung, die immer mehr Anhänger unter den Apple-Jüngern gewinnt. Und Apple versucht diesen UX immer weiter zu verbessern, was natürlich zu begrüßen ist…

 

Der Issuer – Go Where the Money is…

 Apple macht kein Geheimnis aus Ihrer grundsätzlichen Strategie, ihr Business konsequent dort zu erweitern, wo für den Kunden ein deutlicher Mehrwert in Convenience und User Experience geschaffen werden kann. Das gilt sowohl für Hardware wie auch Services, die angeboten werden. Ganz klar, dass seitens Apple kein Interesse an einer Payment-spezifischen Hardwarelösung besteht. Das würde auch nicht zum Credo der Simplifizierung für den Kunden passen. Vielmehr sind es die transaktionsbasierten Zahlungen, also eine Beteiligung an Autorisierungs- oder Serviceentgelten ist hier der wirtschaftlich interessante Aspekt für Apple. Ähnliches ist im App Store und den dort angebotenen Apps und Services zu sehen, wo ebenfalls mit transaktionsbasierten Zahlungen für Apple gutes Geld verdient wird. Der konsequente und sinnvolle Schritt war der Launch von Apple Pay. Mit Apple Pay ist Apple mittlerweile der drittgrößte Mobile Payment Anbieter nach Alipay und WeChat Pay. Genau wie bei den beiden Konkurrenten aus Fernost handelt es sich bei Apple Pay allerdings auch nur um einen zusätzlichen Layer bzw. E-Wallet, in denen Bezahlkarten verschiedenster Issuer und Schemes integriert werden können.

Selbstverständlich, dass Apple diesen Service nicht kostenlos anbietet. Interessant war hier der Ansatz, diese Gebühren (angeblich entspricht es einem bedeutenden Anteil an den Interchange-Gebühren) von den Issuern zu kassieren, die für die Digitalisierung und Provisionierung der ausgegebenen Debit- und Kreditkarten verantwortlich sind und sich damit den Layer und das Branding Apple Pay entsprechend leisten müssen. Gut für diejenigen, die die gestiegene Convenience durch Apple Pay genießen, also Händler und Kunden. Apropos Convenience. Für diese ist Apple leider immer noch von den Issuern und deren Kartenhinterlegung in Apple Pay abhängig. Hier sind allerdings der User Experience und den zusätzlich angebotenen Funktionalitäten und Services Grenzen gesetzt. Daher ging Apple den nächsten konsequenten Schritt.

 

Wann kommt die Apple Kreditkarte nach Deutschland?

So geschehen in den USA im August 2019 (nein, das ist keine Neuauflage von „X-Factor, das Unfassbare“) mit dem Launch der Apple Card. Wohl um die Eintrittsbarriere zu verringern, kooperiert Apple hier mit Goldman Sachs als Issuer. Auch für Goldman Sachs, die bisher nicht im Privatkundengeschäft unterwegs waren, ein Novum. Nun sind über zweieinhalb Jahre vergangen und außerhalb der USA muss man sich immer noch gedulden. Nimmt man den Rollout von Apple Pay, welcher 4 Jahre nach Launch in den USA auch in Deutschland verfügbar war, müsste man von einem Launch nicht vor Sommer 2023 rechnen. Vermutlich wird Apple hier auch wie bei Apple Pay von der europäischen Regulierungsfreudigkeit ausgebremst. Um diese möglicherweise in den Griff zu bekommen, machte im März dieses Jahres Gerüchte einer $150 Mio-Akquisition der aufstrebenden Open-Banking Schmiede Credit Kudos aus dem Vereinigten Königreich durch Apple die Runde.

Sehen wir hier den nächsten strategischen Schritt Richtung Launch der Apple Card in Europa? Oder will Apple sogar noch einen Schritt weiter gehen und selbst als Issuer oder Acquirer aktiv werden? Bevor wir hierzu kommen, erst noch einen Blick auf einen weiteren Stakeholder einer jeden Kartentransaktion.

 

Der Händler – Multiplikator für Apple…

Im Februar dieses Jahres wurde in Cupertino eine Lösung vorgestellt, die den bisherigen Lösungen den Rang ablaufen soll. Durch „Tap to pay“ sollen Händler bald Kartenzahlungen abwickeln können, ohne zusätzliche Hardware benutzen zu müssen. Lediglich ein iPhone XS oder neuer ist hierfür notwendig. Geschehen soll dies mithilfe der NFC-Technologie, die bei POS-Zahlungen mittels Apple Pay bereits zum Einsatz kommt. Interessant ist hier noch zu erwähnen, dass Käufer nicht zwangsläufig mittels Apple Pay bezahlen müssen. Neben Apple Pay werden auch Kredit- und Debitkarten sowie mobile Wallets für die kontaktlose Zahlung akzeptiert. Was genau „mobile Wallets“ inkludiert, ist noch nicht weiter spezifiziert und wird somit erst die Zeit zeigen.

Um die Abwicklung will sich Apple allerdings zurzeit (noch) nicht selbst kümmern. Hier kommt man nicht um einen Vertrag mit einem unterstützenden Payment Service Provider (PSP) herum. Zur Wahl stehen anfangs zum einen Stripe über die Shopify Point-of-Sale App oder alternativ der Paymentliebling aus Amsterdam Adyen. Vermutlich werden aber noch weitere Anbieter im Laufe des Jahres erwartet.

Wem gräbt Apple damit das Geschäft ab? Allen voran dürften Anbieter ganzheitlicher POS-Lösungen für kleine und Kleinsthändler wie etwa Square und SumUp genannt werden, die hier mit ihren Hardware-Lösungen zu kämpfen haben werden. Womit wir auch schon bei der vermeintlichen Zielgruppe der neuen SoftPOS-Lösung wären. Für kleine Unternehmungen mit einer geringen Anzahl an Terminals sowie überschaubaren Transaktions- und Umsatzzahlen, sowie saisonale und somit stark schwankende Nutzungszahlen von kartenzahlungsverarbeitender Hardware dürfte es sehr interessant sein, das iPhone, dass man (im Idealfall) eh schon besitzt, auch für diesen Einsatzzweck zu verwenden. Eine zu erwartende und vergleichsweise hohe Transaktionsgebühr dürfte hier in vielen Fällen in Kauf genommen werden. Die hohe Fluktuation in den entsprechenden Branchen (allen voran die Gastronomie) dürfte Apple bei der anfänglichen Limitierung auf ausgewählte Payment Service Provider und die typische Wechselunwilligkeit der Nutzer in die Karten spielen.

 

Nun fehlt noch der Acquirer – so schließt sich der Kreis…

Nun, es gibt verschiedene Gerüchte und Gründe, warum Apple es mit Apple Pay, Apple Cash (Apples P2P Payment Service in den USA), der Apple Card und „Tap to pay“ noch nicht gut sein lassen will. Wenn wir uns noch einmal das 4-Parteien Modell ansehen, sehen wir, dass 3 von 4 Teilnehmern (zumindest aktuell in den USA) bereits durch Apple Lösungen bedient werden. Der Kunde durch Apple Pay, sein Issuer bzw. Scheme durch die Apple Card, der Händler und sein Frontend durch Tap to Pay. Fehlt bekanntermaßen nur noch der Acquirer, also die Händlerbank, wo Apple aktuell (noch) keinen Fuß in der Tür hat. Oder vielleicht doch?

Bloomberg berichtet Apple arbeitet gemeinsam mit dem Partner Goldman Sachs an einem hauseigenen „Buy Now Pay Later“ Feature mit dem Arbeitstitel „Apple Pay Later“ und fordert hiermit direkt Wettbewerber wie Paypal, Klarna oder Affirm zum Duell. Das würde auch zu weiteren Berichten passen, nach denen Apple ebenfalls ein Subscription-Modell für die hauseigene Hardware-Palette anbieten will. In den USA erfreuen sich Cashback-Modelle großer Beliebtheit. Naheliegend daher, dass dies als eines der Kernfeatures der Apple Card beworben wird.

 

Apple Pay vs. VISA & Co?

Man hört über viele Services, die Apple rund um den Kauf von Soft- und Hardware anbietet und hier neue Kaufanreize für die Kunden schaffen will, aber ist es denn nun realistisch, dass Apple die Payment-Branche dermaßen aufrüttelt und sich auf Augenhöhe mit Größen der Branche á la Visa, Mastercard, Stripe, Square, etc. begibt? Dass Apple hierfür langfristig auf Partner wie Goldman Sachs setzt und sich somit abhängig und angreifbar macht ist zumindest eher unwahrscheinlich. Es wäre nur konsequent, wenn Apple sich früher oder (Berichten zufolge haben sie wohl Mühe, sich durch den regulatorischen Dschungel zu kämpfen daher eher) später selbst darum kümmert und somit weiter vertikal die Wertschöpfungskette entlang expandiert und akquiriert.

Für Apple geht es immer darum, ihre Hard- und Software Hand in Hand arbeiten zu lassen. So kann der komplette Check Out am Point-of-Sale abgedeckt werden. Warum nicht ein eigenes ganzheitliches Kassensystem im Stile von Orderbird oder Lightspeed anbieten? Wenn nun auch noch eine eigene Apple Bank für Privat- wie Geschäftskunden gegründet wird, kann der Kreis geschlossen werden und eine ganzheitliche Zahlungsabwicklung angeboten werden.

Ein Riesenproblem, dessen Apple sich hier sicher auch bereits bewusst ist, ist allerdings die Akzeptanz bei den Händlern. Und die Komplexität, eine kritische Masse an Händlern von der Nutzung zu überzeugen, dürfte der Hauptgrund für die Marktmacht von Visa und MasterCard und die fabelhaften Margen sein, die die Duopolisten für ihre Services verlangen können. Hier könnte sich Apple die Mühe machen und Händler direkt ansprechen. Wahrscheinlicher ist aber der Apple-typische Ansatz, zumindest anfänglich auf starke regionale und internationale Partner zu setzen.

 

Mehr Theorie als Realität?

Ein großer Vorteil den Apple besitzt, ist die treue Gefolgschaft. Wer einmal das Apple-Universum betreten hat, verlässt es nur selten wieder. Und genau wegen dieser Loyalität der Apple-Kunden lässt sich mit Sicherheit durch gutes Marketing wie Bundles oder auch einfach einer schick aussehenden Karte (sei es virtuell oder physisch) diese auch gut unters Volk bringen lassen.

Ein weiterer Vorteil ist die Doppelnutzung des iPhones oder iPads auf Seite des Kunden sowie des Händlers. Das heißt konkret für den Händler, dass er sich ein weiteres Device mit monatlichen Gebühren und zusätzlichen Verträgen sparen kann. Das ist allerdings auch nur so lange interessant, bis Apple eine dermaßen marktbeherrschende Position einnimmt und die Preisschraube auch auf Händlerseite anzieht.

Den vermutlich größten Vorteil sehen wir allerdings in der Convenience, der kompromisslosen User Experience, dem allumfassenden Ökosystem für beide Seiten eines Transaktionsgeschäftes und dem enormen Netzwerkeffekt im Markt. Es ist einfach bequem, sowohl als Händler wie auch Kunde ein Gerät für alles zu nutzen. Und das Smartphone ist nun immer dabei.

 

Wo geht Apples Reise am Ende hin?

Bei allen Vorteilen darf man eines nicht vergessen. Die Payment-Industrie ist ein sehr regionales Business. Es muss ein enormer Aufwand pro Markt oder Region betrieben werden, sei es für den eigenen Aufbau oder durch Akquisitionen, um den regulatorischen und lizenzrechtlichen Anforderungen gerecht zu werden. Im Vergleich zu Apple Pay fällt dieser für einen vollumfänglichen Bankenbetrieb noch um ein Vielfaches größer aus. Es stellt sich die berechtigte Frage, wieviel Durchhaltevermögen Apple hier die nächsten Jahre beweist und wie weit sie sich vom eigentlichen Kerngeschäft entfernen wollen.

Apple macht es uns schwer, herauszufinden, wo die Reise im Payment hingehen wird. Wir wagen es, Apple zu unterstellen, dass sie hier und da vielleicht selbst noch nicht zu 100% abschätzen können, wo am Ende die für den Kunden attraktivsten Produkterweiterungen liegen. Was Gewiss ist, dass Payment noch nie so einen hohen Stellenwert bei Apple eingenommen hat und Apple auf jeden Fall in der Lage ist, die Payment-Landschaft maßgeblich zu verändern. Was das für die Branche und uns als Kunden bedeutet, werden wir sehen. Wir bleiben dran!

 

Update 07.10.2022:

Vor 4 Monaten haben wir über die aktuellen und künftigen Payment-Aktivitäten von Apple berichtet. Ein Drittel eines gesamten iPhone-Produktzyklus also sehr viel Zeit für Apple. Höchste Zeit für ein Update welche Produkte mittlerweile am Markt sind und um zu schauen, wie Apple die Marktentwicklung der vergangenen Monate aufgenommen und reagiert hat

 

Apple Pay

Kurz und knapp hat Apple mittlerweile Google überholt und ist nun die Nummer Eins für mobile Zahlungen am Point-of-Sale. Viel mehr gibt es aber auch nicht zu berichten. Die Entwicklung geht im Einklang mit bargeldlosem sowie kontaktlosem Zahlen und nimmt nicht mit Spitzengeschwindigkeiten aber konstant immer weiter zu.

 

Apple Card

Bei der Apple Card sieht es aktuell nicht ganz so rosig aus. Anstatt Schlagzeilen über neue Markteintritte, gibt es hier eher News zum schlechten Kundenservice und verspäteten Rückzahlungen. Dies hat nun sogar die zuständige Finanzaufsicht in den USA auf den Plan gerufen. Ob das nun der Grund für den gefühlten Stillstand bei der Expansion von Apples Kreditkarte ist, oder ob sich Apple an den EU-Regulierern die Zähne ausbeist? Auf jeden Fall müssten für einen Marktstart in Europa noch einige regulatorische Hürden überwunden werden. Und das würde sicher den findigen Journalisten der einschlägigen Informationsquellen nicht verborgen bleiben. Auch ein Einstieg in den europäischen Markt über Deutschland wäre ungewöhnlich. Somit lässt sich sagen, dass wir hierzulande sicher noch ein wenig mehr Geduld mitbringen müssen, bis ein entsprechendes Angebot an den Start geht.

Wofür dann aber die Acquisition der britischen Open-Banking Schmiede Credit Kudos, von der man seit der Acquisition leider auch nicht mehr viel gehört hat? Ursprünglich sah man darin einen Hinweis, dass die Apple Card vielleicht über das Vereinigte Königreich ihren Weg nach Europa findet. Vielleicht hat Apple aber vielmehr ein Interesse an der Technologie, die Credit Kudos zu einem 150 Millionen Dollar Business gemacht haben. Eine Open Banking Technologie, die hier geboten wird, würde die Tür von Apples Payment Dienstleistungen für viele neue Services öffnen. Ein spannendes Thema, was wir zu gegebener Zeit noch einmal in unserem Blog aufgreifen.

 

Apple Tap to Pay

Im Sinne „Angriff ist die beste Verteidigung“ hat nun Square offiziell die Zusammenarbeit mit Apples Tap-to-Pay Funktion mitgeteilt. Hier lässt sich die Transaktion über die Square App auf dem iPhone abwickeln. Weitere Hardware, wie sie von Square bekannt ist, ist damit nicht mehr notwendig. In Apple Stores über die Vereinten Staaten hinweg lässt sich das bereits testen. Weitere Länder müssen sich mal wieder ein wenig länger gedulden. Fraglich, ob europäische Partner wie Adyen einen baldigen Start des Services in Europa erwarten, oder wie lassen sich die zwischenzeitliche Verfügbarkeit eigener Adyen-Terminals erklären. Vielleicht zeigt dies aber auch nur, dass Apples Tap to Pay zumindest anfangs nur eine Koexistenz neben bekannter Hardware am Point of Sale zugetraut und abhängig vom Händler, Volumen und Produkt-/ Serviceportfolio eine Sinnhaftigkeit geprüft wird

 

Apple Pay Later

Den für uns sichtbarsten Fortschritt über die letzten Monate gab es sicherlich bei Apples BNPL-Lösung „Apple Pay Later“. Auch wenn sich hier ebenfalls Dinge verzögern. Ursprünglich mit dem Update auf iOS 16 war geplant, dass sich jeder Kauf über Apple Pay wahlweise in bis zu 4 Raten über maximal 6 Wochen abstottern lässt. Da dies unabhängig vom Händler bei jeder Transaktion an jeder Kasse möglich sein soll, tritt Apple hier selbst als Kreditgeber mit einem kostenlosen Darlehen auf. Vertragspartner ist die hauseigene Finanztochter Apple Finance LLC. Nun scheint es allerdings, dass es nicht wie geplant im Herbst 2022 sondern eher im Frühjahr 2023 in den USA losgehen soll. Und auch die hierzulande zuletzt schwer gebeutelte BNPL-Branche könnte sicher einen Aufmerksamkeitsschub gut gebrauchen.

Vielleicht hat Apple gerade aber auch angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Aussichten auch gar nicht die Eile, schnell den europäischen und andere Märkte zu erschließen. Der Markt kühlt sich ab, die Stimmung sinkt und Rezessionen sind mittlerweile mehr als Gerüchte. Apple ist es gewohnt, neue Märkte mit neuen Produkten im Sturm zu erobern. Da das aktuell schwieriger als noch vor einem Jahr ist, könnte man vermuten, dass hier selbst Apple ein oder zwei Gänge herunterschaltet und sich auf andere Produktentwicklungen mit unmittelbarerem Geschäftserfolg konzentriert.

 

 

 

Krypto im Krieg?

Die Krypto-Szene hat einige bewegte Wochen hinter sich. Analog zu den weltweiten Börsenmärkten, aber in noch drastischerer Form sind die Kurse beinahe sämtlicher Krypto-Werte abgestürzt. Einige Krypto-Währungen sind gleich komplett vom Markt verschwunden (und mit Ihnen eine Menge Anlegerkapital) und auch einige Krypto-Startups haben den Absturz nicht überlebt. Man denke zum Beispiel an die Insolvenz des Nuri „Krypto Ertragskonten“ Partners Celsius Network, bei dem Kunden ihre Assets an Celsius Network übertragen haben, um im Gegenzug Zinszahlungen zu erhalten. Es bleibt hochfraglich, ob die betroffenen Anleger von ihrem Kapital etwas wiedersehen werden. Inzwischen ist auch Nuri selbst in die Insolvenz geraten, beteuert aber wiederholt, dass das Geld ihrer Anleger sicher sei.

Nach einhelliger Pressemeinung haben die harten wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen Russland nach dessen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg überrascht und schwer getroffen. Allenfalls Nordkorea, Iran und vor vielen Jahren Kuba können in etwa erahnen, wie es Russland und seinen Bürgern derzeit ergeht. Weitestgehend abgeschnitten vom Flugverkehr, der Kauf von beliebten Apple Produkten quasi unmöglich, der Einsatz von Visa und Mastercard streng limitiert, die Buchung von Urlauben auf Ibiza unmöglich… und so viele andere Dinge, die nicht mehr in gewohnter Weise funktionieren. Der erwartete und nachvollziehbare Reflex? Der Ausweg über Krypto-Währungen. Versprechen diese doch Anonymität und Unabhängigkeit vom globalen Finanzsystem. Hier wähnt man sich sicher vor dem Zorn der westlichen Sanktionen.

Krypto-Währungen sind für eine Situation wie diese quasi geschaffen, sind jedoch bedingt durch steigende Zinsen und wirtschaftliche Unsicherheit weltweit ebenso wie die Börsenmärkte aktuell extrem unter Druck und damit zwar in der Theorie geeignet klassische (regulierte und sanktionierte) Finanzinstrumente und -märkte zu umgehen, in der Praxis aber auch entsprechend gefährlich und unsicher, da extrem volatil.

Die EZB Präsidentin Christine Lagarde beobachtet bereits verstärktes Ausweichen auf Krypto-Währungen und damit die Umgehung der sorgfältig vorbereiteten, strengen Sanktionen. In den ersten Tagen nach Kriegsbeginn beobachteten Insider auffällige Aktivitäten von mutmaßlich russischen „Krypto-Whales“, d.h. Anleger mit sehr hohem Anlagevolumen, die Krypto-Werte von Millionen Dollar bewegten. Die Vermutung liegt nahe, dass Anleger sich bemühen ihre Vermögen in Krypto-Werte umzuschichten, um Sanktionen des Westens zu entgehen. Bankguthaben insbesondere bei westlichen Banken können eingefroren, blockiert und vor allem beobachtet werden. Krypto-Guthaben und -Transaktionen sind sehr viel schwieriger zu kontrollieren und vor allem zu sanktionieren, da es oftmals gar kein Zugriff oder gar rechtliche Grundlagen bzw. Regulierung hierfür gibt. Die russische Sberbank versuchte sich gar darin direkt eine eigene Krypto-Währung, den Sbercoin auf den Markt zu bringen, um sich unabhängiger vom westlich geprägten Finanzsystem zu machen und sich auf einen Ausschluss von SWIFT vorzubereiten. Auch die enormen Marktbewegungen der letzten Monate und die damit verbundenen finanziellen Konsequenzen für Anleger, insbesondere Privatanleger, ruft verstärkt Regulatoren auf den Plan, um Anleger und Investoren zu schützen. Neben dem reinen Bewegen von Finanzwerten über Blockchains, steht vor allem auch das Mining von Krypto-Werten im Fokus. So wird unter anderem vermutet, dass russische Energieunternehmen vom Export von Energieträgern auf Nutzung dieser Energie für Krypto-Mining umschwenken, um Exportausfälle durch entsprechende Krypto-Gewinne zu kompensieren. Mutmaßlich nutzt z.B. auch Nordkorea Krypto-Mining und Cyber-Angriffe sowie Ransomware, um so internationale Sanktionen zu umgehen und an Devisen in Form von Krypto-Werten zu gelangen.

Schon vor einer Weile habe ich prophezeit: Je gewichtiger der Krypto-Markt wird, umso mehr wird ihn Politik und Finanzsaufsicht regulieren wollen. Sobald der Krypto-Markt anfängt „Systemrelevanz“ zu entfalten, steigt der Druck, diesen Markt regulieren oder im Extremfall gar verbieten zu müssen. Die Idee hinter Krypto-Währungen ist gerade genau diesem Einfluss des „Systems“ entgehen zu können und unabhängig von Staaten und Finanzaufsichten zu sein. Gleichzeitig entsteht gerade dadurch Druck auf ebenjene Staaten und Finanzaufsichten nicht die Kontrolle über einen beträchtlichen Teil des internationalen Finanzgeschehens zu verlieren.

Die Sanktionen und insbesondere die Umgehung der Sanktionen über Krypto-Währungen halten nun ein Brennglas auf genau diese Situation. Kürzlich stand bereits ein Verbot von Proof-of-Work Krypto-Währungen in der EU im Raum, da diese besonders energiehungrig und damit umweltschädlich sind. Eine entsprechende Abstimmung konnte kurzfristig abgewendet werden. Durch die MiCa-Verordnung wird der Regulierungsdruck weiter steigen. Es ist absehbar, dass die MiCa Verordnung einen ähnlichen Verlauf wie die Payment Service Directive (PSD) nehmen wird, nämlich in verschiedenen Iterationen weiter verfeinert und verschärft werden wird. Die Regulatorik wird sich dem sich verändernden Markt anpassen und weiterentwickeln müssen. Die Umgehung von Sanktionen und Geldwäschegesetzen durch Krypto-Märkte werden also unweigerlich Folgen in Form einer sich verschärfenden Regulierung nach sich ziehen. Die verantwortlichen Politiker werden hierfür sicher dankend die Gelegenheit nutzen, die moralische Verwerflichkeit der Umgehung von Sanktionen durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieges zu begründen.

Für Krypto-Enthusiasten ist die aktuelle Situation somit Fluch und Segen zugleich. Segen, da die großen Krypto-Währungen aktuell wieder verstärkte Aufmerksamkeit erfahren – was normalerweise positiv zu werten ist, denn typischerweise steigt die Verbreitung durch höhere Aufmerksamkeit. Aktuell entsteht die Aufmerksamkeit aber vor allem durch krasse Kursverluste und Kapitalvernichtung und die Geldwäschevorwürfe der Politik. Aber auch Fluch, denn der Traum vom Geld abseits jeglicher Staatlichkeit und Regulierung wird damit zunehmend zu Nichte gemacht werden.

Europa schreitet voran und nimmt mit der Markets in Crypto Assets (MiCA) vor allem die Plattform-Betreiber durch eine Lizenzpflicht in die Haftung und will so Nachverfolgbarkeit von Geldflüssen herbeiführen und dadurch insbesondere Geldwäsche bekämpfen. Aber auch Klimaschutzauflagen, Rückforderungsrecht für Stable Coins und erste Regulierungsansätze für NFTs werden Bestandteil der neuen Regulierung.

Wir dürfen sehr gespannt sein, wie die weitere Evolution der Krypto-Währungen im Einklang mit der mitwachsenden Regulierung aussehen wird. Sicher werden auch die Krypto-Pioniere nicht müde, innovativ in die Zukunft zu schauen und sich neue Mittel und Wege auszudenken, sich ein Stückchen unabhängiger zu machen von der „klassischen Finanzwelt“.

Zwischen Krypto-Winter und NFT-Frühling

Kryptowährungen und der damit zusammenhängende Kauf, die Verwahrung oder gar die Anlage dieser Vermögenswerte ist bereits seit mehreren Jahren in der Mitte der finanz- und technologieinteressierten Gesellschaft angekommen. Die zunächst als vollständig unregulierte zu beschreibenden Vermögenswerte, welche bis heute nicht der offiziellen Definition des Begriffs Währung genügen, durchliefen diverse Hoch- und Tiefphasen. Doch Deutschland als Mitglied der europäischen Währungsunion würde dem eigenen Stereotyp nicht gerecht werden, hätte es nicht bereits vor der offiziellen Veröffentlichung der MiCa-Regulierung (Markets in Crypto-Assets) auf europäischer Ebene einen eigenen Versuch zur Regulierung dieser Währungen gewagt. So wurde bereits mit der fünften Geldwäscherichtlinie eine neue Klasse für das Kryptowertgeschäft definiert, welches sich auch im Gesetz für elektronische Wertpapiere (eWpG) niederschlägt. Anhand dieser Entwicklung wird deutlich, dass Kryptoanlagewerte unterschiedlichster Coleur ihren Weg in den „Mainstream“ gefunden haben. Die Reproduktion bereits etablierter Finanzprodukte, wie das klassische Kreditgeschäft oder unterschiedliche (Exchange Traded) Funds, stehen sinnbildlich für diese Entwicklung sowie den Einfallsreichtum der institutionellen Anbieter vorstehend bezeichneter Produkte. Die Konsequenz dieses Eintritts in den Mainstream und dem damit einhergehendem „Dumb Money“ kann als eine mögliche Begründung für die starken Kursschwankungen identifiziert werden. Auch können steigende Zinsen auf Anleihen, staatliche Restriktionen, pandemische und aktuell besonders geopolitische Impulse Investoren zu klassischen Investmentoptionen bewegen und die dezentralen Assets in einen „Krypto-Winter“ treiben.

Trotz der sinkenden Kurse diverser Kryptowährungen kann das angestiegene Interesse an einer anderen Initiative aus dem Bereich Blockchain beobachtet werden. Diese Beobachtung trägt den Namen Non-Fungible Token (NFT) und verspricht nicht weniger als die Digitalisierung von Wertgegenständen sowie deren Demokratisierung auf der Blockchain. Im Gegensatz zu dieser Mission erfährt die breite Öffentlichkeit häufig von Betrugsvorfällen (sog. Scams) oder abstrusen Preisen für das Echtheitszertifikat eines Affen-Motivs. In diesem Blogartikel wollen wir aus diesem Grund über die vermeindlichen Primärfunktionen einer Kryptowährung, der Wertanlage oder dem Payment, hinwegsehen, um einen Blick auf den Trend des NFT zu werfen.

 

Bevor wir uns jedoch mit dem „Lazy Ape-Club“ oder dem „Minting“ eines sogenannten Non-Fungible Token (NFT) beschäftigen, möchten wir Aufklärung darüber geben, was man unter einem NFT überhaupt versteht.

 

Was ist ein NFT?

Non-Fungible Token oder auch NFT abgekürzt beschreibt einen digitalen Echtheits- und Eigentumsnachweis. Hinter jedem der auf den ersten Blick abstrus aussehenden Kunstwerke verbirgt sich eine einzigartige und nicht austauschbare Dateneinheit, welche auf einem digitalen (dezentralen) Hauptbuch gespeichert ist. Der Eigentumsnachweis wird durch die Speicherung der Dateneinheit auf der Blockchain ermöglicht. Konkret wird der Echtheitsnachweis auf der Blockchain (meist auf Ethereum) an den digitalisierten Wert angehängt. Auf diesem Weg erhalten Objekte unverwechselbare Signaturen, welche aus ihnen Unikate werden lassen. Im Wesentlichen wird eine vergleichbare Technologie wie bei Kryptowährungen genutzt. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass Kryptowährungen „Like-for-like“ austauschbar sind, was wiederum auf NFT nicht zutrifft. Auch wenn ein NFT kopiert wird, ist die Echtheit des Originals immer nachweisbar. Im Gegensatz zu einer Bitcoin-Einheit ist jeder NFT einzigartig, sodass dieser nicht gegeneinander ausgetauscht werden kann. In der Datei sind zusätzliche Informationen gespeichert, die über eine reine Währung hinausgehen und sie in den Bereich von, nun ja, eigentlich allem bringen. Infolgedessen sind NFTs zu sammelbaren digitalen Vermögenswerten geworden, die einen Wert innehaben – so wie physische Kunst einen Wert hat.

 

Eine Besonderheit in diesem Kontext ist, dass ein Issuer des NFT mehrere NFT selbigen Inhalts (eine Auflage wie bei einem Comic-Buch) erstellen oder aber einen Wert in unzählige Teile aufbrechen und veräußern kann. Ersteres wurde zuletzt vom „Bored Ape Yacht Club“ umgesetzt, welcher 10.000 NFT mit unterschiedlichen „Bored Ape„-Motiven erstellte und veräußerte. Letzteres wurde bei dem Verkauf von “The Merge” demonstriert. Bei diesem NFT-Projekt haben 29.983 Sammler in Summe 312.686 Teile eines Kunstwerks erstanden, welches zu einem Gesamterlös von 91,8 Millionen US-Dollar verkauft wurde und somit Jeff Koons „Rabbit“ aus dem Jahr 2019 (91,1 Millionen US-Dollar) vom ersten Platz bzgl. des höchsten Erlöses verdrängt hat.

 

Was bedeutet Minting ?

Unter diesem Begriff wird verstanden, dass eine digitale Ausgangsdatei in einen Blockchain-basierten Token umgewandelt wird, welcher das Eigentum an einem Objekt, wie einem Bild, Video oder einem physischen Gegenstand, nachweist.

In diesem Prozess werden digitale Objekte in einer dezentralen Datenbank gespeichert. Sobald Sie auf der vorstehenden Datenbank sind, können sie weder bearbeitet noch geändert oder gelöscht werden. Der Begriff Minting leitet sich von der Prägung einer Münze ab, da auch die digitale Datei eine individuelle und unveränderbare Prägung erhält. Dieser Vorgang ähnelt der Schaffung von Fiat-Währungen, wenn ein Hersteller eine physische Münze prägt.

 

Ein Beispiel aus der Praxis

Da das Konzept des NFT beziehungsweise der Erstellung eines solchen Vermögenswertes auf den ersten Blick sehr theoretisch klingen mag, möchten wir ein Beispiel aus der Praxis nutzen, um das dahinterstehende Konzept näher zu erläutern. „Online:Digital X GmbH & Co. KG“ ist als Frankfurter Digitalagentur mit unterschiedlichsten Kunden im Kontakt, um die digitale Sichtbarkeit und das Online-Marketing des Kunden zu verbessern. Ähnlich erging es dem Eishockey-Team der „Löwen Frankfurt“. Diese versuchten ihr digitales Profil zu stärken und eine Marketing-Kampagne für den Verein und dessen Spieler aufzusetzen. Um dies zu ermöglichen, wollten sie Spieler sowie besondere Bilder und Momentaufnahmen auf die Blockchain bringen. Das Material hierfür wurde aus den Archiven des Vereins gesucht und zeigt 30 Jahre Geschichte über den Verein. Nachdem eine ausreichende Menge an Informationen generiert werden konnte, wurden diese Inhalte digitalisiert und auf der Blockchain gespeichert. Nach Erstellung der digitalen Spielerkarten wurden diese an Fans verschenkt, welche einen entsprechenden Kommentar auf den sozialen Netzwerken hinterließen. Auch wenn diese Form des Marketings vorerst Neuland war (die „Löwen Frankfurt“ waren der erste Eishockeyverein Deutschlands mit einer solchen Kampagne) und die Fans zunächst abgeholt werden mussten, war die Aktion schlussendlich ein voller Erfolg, da es neben der Stärkung des digitalen Marketingprofils des Eishockeyvereins auch echten Wert in Form eines NFT schuf. Derzeit belaufen sich die ersten NFT dieses Projektes auf ca. einen Coin der Währung Ethereum. Besonders durch den Aufstieg der „Löwen Frankfurt“ von der zweiten in die erste deutsche Eishockey Bundesliga versprechen sich sowohl der Verein als auch dessen Spieler die Möglichkeit weitere Marketingaktionen zu schalten, und mit dem „Löwen-NFT“ Fans des Vereins möglichst langfristig an sich zu binden.

 

Woher kommt die Begeisterung für NFT?

Trotz der Tatsache, dass die digitalen Werte wie Kryptowährungen oder NFT einen enormen Erfolgskurs aufweisen, ist auf den ersten Blick kein fundamentalanalytischer Wert, abgesehen des Echtheitsnachweises eines jeden NFT, erkennbar. Es stellt sich automatisch die Frage, welche Kriterien den Trend befeuern. Zum einen kann es sich hierbei um die Hoffnung auf einen Vermögenswert handeln, welcher erst nach flächendeckender Nutzung des „Web 3.0“ sowie der damit zusammenhängenden, durch Nutzerentscheidungen kontrollierte Umgebung materialisiert. Ambitionen wie die durch „META“ geschaffenen virtuellen Welten, können einer solchen Bewegung weitere Schubkraft verleihen. Sicherlich kann auch der unregulierte Charakter der NFT-Industrie Frühphasen-Investoren und eben jene mit der „Fear of missing out(FoMo) an den Start bringen, bevor das „Dumb Money“ in den Markt kommt, um zum schlussendlichen Abnehmer dieser Trendwahrnehmer zu werden.

Sicherlich ist eine Erklärung, wenn auch eine romantisierte, dass Künstler den Intermediär, wie es bereits bei Kryptowährungen der Fall ist, herausnehmen wollen, um eine faire Entlohnung zu erhalten. Zum anderen besteht die Möglichkeit, dass analog dem Exchange Traded Funds eine Möglichkeit geschaffen werden soll, weniger finanzstarken (Privat-) Investoren den Zugang zu einem aufkommenden Trend zu ermöglichen, welcher ihnen sonst verschlossenen bleiben würde. Dies würde in hohem Maße das Konzept von Demokratisierung von „dezentralised finance“ beinhalten. Trotz der Tatsache, dass diverse positive Strömungen aus NFT hervorzugehen scheint, müssen diese stets auch kritisch betrachtet werden.

 

Es ist nicht alles Gold was glänzt

Neben den zweifelsohne positiv einzuordnenden Effekten einer solchen Innovation, dürfen negative Aspekte nicht unbeachtet bleiben. Sowohl die Technologie, als auch die dahinterstehenden Finanzprodukte in einem nicht vollends regulierten Markt, stellen dabei die Kehrseite dar. Dies kann unterschiedliche Gefahren und Risiken bergen. Auf der einen Seite besteht die Möglichkeit, dass Nutzer mit wenig Erfahrung im Kryptowährungsbereich Opfer eines „Scams“ werden. Insbesondere diese noch sehr junge Thematik und die damit einhergehende fehlende Erfahrung erhöht das damit verbundene Risiko. Durch das Versprechen auf hohe Renditen mit niedrigem Einsatz können insbesondere unerfahrene Privat-Anleger einem Betrug leicht auf den Leim gehen. Ergänzend hierzu besteht das Problem des Verfalls: Auch wenn ein NFT im Vergleich zu einem klassischen Kunstwerk im Museum nicht mit selbiger Halbwertszeit zu verfallen droht, besteht auch hier immer die Möglichkeit, dass das Hauptbuch beziehungsweise der entsprechende Speicherort (Server) offline genommen wird oder das Passwort für ein “Wallet“ verloren geht. Prozesse zur Rückgewinnung des Wertgegenstandes sind hier nur spärlich etabliert.  Abschließend besteht auch hier die Möglichkeit, dass sich die durch Goldgräbersstimmung verbreitete Hoffnung in den zukünftigen Wert eines heute erstandenen NFT nicht materialisiert.

 

Wie ist die Bewegung abschließend zu bewerten?

Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die NFT-Technolgie sowohl Chancen als auch Risiken birgt. Sieht man die Anwendung darin, Künstler für deren Arbeit angemessen zu entlohnen oder die Echtheit eines Kunstwerkes sicherzustellen, können NFT als positiver Trend angesehen werden. Hierdurch würden Fälschungsskandale, wie der des Wolfgang Beltracchi sowie der damit verbundene, immaterielle Schaden unterschiedlicher Auktionshäuser der Vergangenheit angehören. Schlüssig erscheint auch, dass die heute erstandenen Kunstwerke, den State of the Art der nächsten Generation, ungeachtet ob diese „Metaverse“ heißt oder nicht, darstellen. Doch muss im selbigen Moment auch kritisch bewertet werden, dass neben den großartigen Anwendungsgebieten auch negative Ausprägungen sichtbar werden. Beispielsweise können die Erschaffung und der Vertrieb von NFT-Projekten mit fragwürdigem Wert und Sinnhaftigkeit genannt werden. Diese werden von mehr oder weniger seriösen Anbietern einem wenig erfahrenen Publikum angepriesen, mit der Hoffnung auf deren „Fear of missing out“ zu kapitalisieren. Besonders die mit dem Phänomen der künstlichen Verknappung zu erklärenden Kurssteigerungen oder auch „bull runs“, erinnern an die Dynamiken des Bitcoins nach einem Halving des Proof of Work-Ertrages. Alle interessierten Leser dürfen sich entsprechend auf dieses Phänomen im Jahr 2024 freuen (Halving von 6,25 BTC auf 3,125 BTC). Wenngleich eine andere Begründung hinter dem Fall der Wirecard steht, besteht zumindest die Gefahr, dass auch bei diesem Trend Kleinanleger auf „rot setzen“ und ohne Rückversicherung alles verlieren. Abschließend ist meiner Meinung nach zu bewerten, ob der von Vitalik Buterin (Mitgründer Ethereum) herbeigesehnte Krypto-Winter sowie die damit einhergehende Aussiebung der betrügerisch motivierten Krypto-Enthusiasten auch im NFT-Space ankommt. Sollten risikosuchende Investoren und den Trend nutzende Anbieter verschwinden, kann die anfangs erwähnte Zielsetzung des NFT, die Digitalisierung und Demokratisierung von Werten auf der Blockchain, inkl. dessen Echtheitsgarantie, eine langfristig sinnvolle Anwendung finden. Historisch beobachtet benötigen Kryptowährungen ca. 5 Jahre im Mainstream bevor diese an Seriosität gewannen und im Ergebnis sowohl institutionelle als auch nicht-institutionelle Anleger angesprochen haben.

 

Mit Spannung abzuwarten bleibt daher, ob die bislang gewonnene Seriosität bzgl. Blockchaintechnologie auch den NFT-Markt erreicht oder lediglich einen kurzlebigen Trend darstellt.