OSTHAVEN-Praxis: Optimierung der eCommerce-Zahlungsinfrastruktur für eine Omnichannel-Zukunft

Die Zahlungsabwicklung im E-Commerce ist einem ständigen Wandel ausgesetzt. Händler werden immer wieder vor die Frage gestellt, wie sie sich für die Zukunft richtig aufstellen. Für die Marktanalyse und Ausschreibung von Zahlungs-Dienstleistungen werden daher oft die Experten von OSTHAVEN in Anspruch genommen. Heute geben wir Ihnen einen Einblick in eines unserer spannenden Projekte, das exemplarisch für viele weitere ähnliche Projekte steht. 

Ein großer Omni-Channel Händler steht vor der Herausforderung, die Abwicklung von PayPal- und Kreditkarten-Zahlungen auf seiner E-Commerce-Plattform auf neue Beine zu stellen. Der bisherige Payment Service Provider (PSP) des Kunden hat im Zuge der Marktkonsolidierung mehrere Wettbewerber inkl. deren PSP-Technologie übernommen. Um die internen Prozesse des PSPs zu vereinfachen, soll die bislang vom Händler verwendete Schnittstelle auf das Altenteil geschickt werden. Der Wechsel auf die vom bisherigen PSP als zukunftssicher auserkorene eigene Alternative soll dem Händler mit einem kleinen Werbekostenzuschuss (WKZ) schmackhaft gemacht werden. Da es in der Vergangenheit ohnehin von Zeit zu Zeit zu Systemausfällen und Fehlern in der Zahlungsabwicklung gekommen ist, ist beim Händler durchaus Bereitschaft zu einem Wechsel vorhanden. Die angebotene Alternative des PSP stellt sich jedoch nach intensiver Prüfung als nicht zu 100% geeignet heraus, da wichtige und häufig verwendete Funktionen nicht abgedeckt werden können. Folglich hat sich der Händler zu einer Suche nach weiteren Möglichkeiten entschlossen und für die Marktanalyse und Ausschreibung der PSP-Dienstleistung die OSTHAVEN GmbH beauftragt. 

Bei der Vorbereitung für das Projekt wurden vor allem die folgenden Punkte als besonders relevant für die Auswahl der neuen PSP-Schnittstelle identifiziert: 

Darüber hinaus sollen interne Prozesse zwischen Webshop und ERP weiterhin möglichst identisch ablaufen, so dass der interne Anpassungsbedarf in der IT-Entwicklung und bei den buchhalterischen Prozessen minimiert wird. 

 

Fachliche Anforderungen 

Besonders wichtig für das Geschäftsmodell des Händlers ist die zeitverzögerte Abrechnung der Transaktionen mit zweistufiger Autorisierung und Einlösung (Capture) über einen längeren Zeitraum. Für die Abwicklung von Abo-Modellen ist bei PayPal-Konten und Kreditkarten die Speicherung des Zahlmittels und die Zustimmung des Kunden für eine dauerhafte Verwendung erforderlich. Die Speicherung soll komplett beim PSP erfolgen, um so für möglichst geringe PCI-Anforderungen (der kürzeste Fragebogen SAQ-A ist das Ziel) beim Händler zu sorgen. 

Der auszuwählende Dienstleister muss Kreditkarten- und PayPal-Transaktionen aus allen Webshops des Händlers in drei Ländern verarbeiten können sowie PostFinance-Transaktionen im Schweizer Webshop. Vorkasse-, SEPA-Lastschrift- und Zahlungen gegen offene Rechnung wickelt der Händler ebenso wie das Scoring der Kundinnen und Kunden und die darauf aufbauende Zahlartensteuerung zur Betrugsvermeidung in Eigenregie ab. 

Da das Omnichannel-Business immer wichtiger wird und auch beim Händler einen großen Stellenwert einnimmt, werden die Omnichannel-Fähigkeiten der möglichen Dienstleister detailliert abgefragt. 

 

Technische Anforderungen 

Die Zahlungsabwicklung soll für Kundinnen und Kunden möglichst nahtlos im Händler Webshop eingebunden werden. Ein Absprung per Redirect wie in der Vergangenheit wird nicht mehr gewünscht. Das Look and Feel soll möglichst zu 100% vom Händler beeinflusst werden können. Aufgrund der weiterwachsenden Beliebtheit des E-Commerce ist eine jederzeit gewährleistete Performance (24/7) und eine entsprechende Garantie mittels Service-Level-Agreement (SLA) unerlässlich. Daneben wird die dauerhafte Verfügbarkeit einer Testumgebung gefordert, über die alle relevanten Geschäftsvorfälle analog zur Produktivumgebung getestet werden können. 

 

Auswahlprozess 

Alle in Frage kommenden Dienstleister erhalten die von OSTHAVEN zusammen mit dem Händler erstellten Ausschreibungsunterlagen. Darin enthalten ist eine detaillierte Beschreibung der fachlichen und technischen Anforderungen und ein Fragenkatalog zu weiteren Features im Angebot der Provider, die ggf. in der Zukunft genutzt werden sollen. Alle PSP erhalten die Möglichkeit, selbst Fragen zu stellen. Die Antworten darauf werden allen Anbietern zugänglich gemacht. Alle Zahlungsdienstleister, die die Ausschreibungsunterlagen vollständig zurückschicken, erhalten die Möglichkeit, ihr Angebot in einem digitalen Workshop im Detail vorzustellen. 

Die verschiedenen Beteiligten auf Händlerseite erstellen im Nachgang der Workshops ihre Bewertungen der Anbieter anhand einer detaillierten Bewertungsmatrix, die vor der Ausschreibung gemeinsam entwickelt wurde. Um die verschiedenen Preiskomponenten vergleichbar zu machen, wird eine umfangreiche Simulation der Kosten für die nächsten 5 Jahre erstellt, in die Szenarien für verschiedene Geschäftsentwicklungen einfließen. 

Mit den zwei am besten bewerteten Unternehmen werden im Folgenden weitere Gespräche und Verhandlungen geführt. Es geht mit beiden noch einmal deutlich tiefer in die technischen und fachlichen Anforderungen hinein. IT-Experten des Händlers schauen sich die Schnittstellen-Dokumentationen der Konkurrenten hinsichtlich Machbarkeit, verwendeten Technologien, Aufwand und Risiken aus E-Commerce- und ERP-Sicht an. Dabei tauchen an verschiedenen Stellen Fragen und Probleme auf, die jedoch jeweils zwischen den Experten des Händlers und der Anbieter gelöst werden können. 

Am Ende entscheidet das Management des Händlers zugunsten des minimal teureren Anbieters insbesondere aus folgenden Gründen: 

 

Umsetzung 

Im unmittelbaren Anschluss an die Vertragsunterzeichnung beginnen die verschiedenen Teams des Händlers (IT E-Commerce, IT ERP, Buchhaltung, Kundenservice, Betrugsprävention) damit, die Schnittstellen-Anbindung zu konzeptionieren. Dabei wird besonderer Wert daraufgelegt, dass alle geänderten Prozesse zukunftssicher und performant ausgestaltet werden. So muss z. B. die Verarbeitung der Settlement-Files des PSP angepasst werden. Da ohnehin eine Änderung ansteht, wird statt der in der Vergangenheit verwendeten Batch-Verarbeitung auf eine Verarbeitung der Einzeltransaktionen über eine Schnittstelle (API-Verarbeitung) umgestellt. Dies führt zu einem höheren Automatisierungsgrad, einer beschleunigten Abarbeitung und dauerhaft geringerer Last auf den Systemen. Im E-Commerce wird eine deutlich verbesserte Überwachung der Interaktionen der Kundinnen und Kunden implementiert, so dass Probleme mit Hilfe von automatisiertem Monitoring und regelbasierter Alarmierung deutlich schneller erkannt werden können. 

Für Kundinnen und Kunden wird der Prozess deutlich einfacher, da sie durch die verbesserte Verwendung der Tokenisierung keinerlei Zahlungsdaten mehr eingeben müssen, wenn sie der Speicherung ihrer Daten zustimmen. So entfallen beispielsweise die Eingabe des dreistelligen CVC-Codes bei Kreditkartenzahlungen oder die Anmeldung bei PayPal. 

Der Go-Live der einzelnen Webshops, d. h. die Umstellung vom alten auf den neuen PSP, erfolgt sukzessive beginnend mit dem Kleinsten, der auch die geringste Prozesskomplexität aufweist. Dies hilft dabei, Fehler mit möglichst geringem Kunden-Impact zu erkennen und zu beheben. 

 

Erfolgsmessung 

Am Ende können nahezu sämtliche Ziele erreicht werden. Die fachlichen Anforderungen können durch den neuen Dienstleister vollständig abgedeckt werden, die Prozesse zwischen Webshop und ERP müssen nur geringfügig verändert werden und der Preis der Dienstleistung ist auf einem ähnlichen Niveau wie vorher. Durch die Umstellung auf moderne Technologien und durch verbesserte Prozesse in der Schnittstelle vom Webshop zum PSP können zudem weitere Verbesserungen erreicht werden: Die Abwicklung der PayPal- und Kreditkarten-Transaktionen erfolgt deutlich schneller und mit einer höheren Annahmequote von Kreditkarten-Zahlungen durch den Acquirer. Bei Kundinnen und Kunden mit gespeicherten Zahlmitteln sinkt zudem die Abbruchrate. 

Einzig der interne Aufwand ist leicht höher als zuvor geschätzt, da die PayPal-Anbindung über die Schnittstelle des neuen PSP und die Migration der Token vom alten zum neuen PSP höheren Abstimmungsaufwand der beteiligten Parteien erfordert als angenommen (Händler, PSP und PayPal bzw. Händler, alter und neuer PSP). Die dadurch leicht gestiegenen Implementierungskosten werden jedoch durch die höhere Conversion und den dadurch wachsenden Umsatz mehr als ausgeglichen. 

 

Erfolgsfaktoren 

Wesentliche Erfolgsfaktoren des Projektes sind die Erarbeitung der Anforderungen und die Erstellung der Ausschreibungsunterlagen durch alle beteiligten Fachabteilungen. Durch die direkte Einbindung letzterer wurde auch eine größeres Commitment zum Projekt erreicht. Von entscheidender Bedeutung war zudem der Blick auf die Zukunftsfähigkeit des Anbieters insbesondere im Hinblick auf Technologien und Prozesse, die die spätere Implementierung erleichterten.  

 

Fazit 

E-Commerce-Händler verändern nur sehr ungern funktionierende Zahlungsprozesse, weil die Kunden an dieser kritischen Stelle im Checkout auf Veränderungen und insbesondere auf Fehler besonders sensibel reagieren. Mit einer gründlichen Aufnahme der Anforderungen und einer sorgfältigen Auswahl des dazu passenden Dienstleisters können Händler jedoch Probleme vermeiden, die Abläufe für ihre Kunden verbessern sowie relevante und ergebniswirksame Kennzahlen verbessern während sie ihre Zahlungsabwicklung fit für die Zukunft machen.