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BRICS Pay: Geopolitische Machtverschiebung im internationalen Zahlungsverkehr?

Während die Einführung des digitalen Euros frühestens im Jahr 2028 stattfinden wird, schlägt die Ankündigung bezüglich der Einführung einer anderen digitalen Währung Wellen.

Gemeint ist BRICS Pay, ein gemeinsamer Kraftakt der BRICS-Staaten die sich 2009 bzw. 2010 aus (B)rasilien, (R)ussland, (I)ndien, (C)hina und (S)üdafrika gründeten. BRICS galt ursprünglich als Gegenentwurf zur G7 und sollte die Emerging Markets in einem Bündnis vereinen. Mittlerweile jedoch dieser Rolle bereits (zum Teil) entwachsen und seit dem Jahr 2023 um den Iran, die VAE, Ägypten und Äthiopien ergänzt, kommt dieses Bündnis auf 45% der Weltbevölkerung sowie knapp 35% der weltweiten Wirtschaftsleistung. Die G7-Staaten repräsentieren lediglich 10% bzw. 30% respektive. Entsprechend hat eine solche Ankündigung Gewicht. Und sollte uns zu einer Einordnung der Geschehnisse bewegen. Los geht’s!

 

Was ist BRICS Pay?

BRICS Pay ist ein geplantes bargeldloses Zahlungssystem, das Transaktionen zwischen den BRICS-Staaten vereinfachen und gleichzeitig eine unabhängige Alternative zu westlich dominierten Zahlungssystemen wie SWIFT und Währungen (allen voran natürlich der USD) schaffen soll. Die Idee dahinter ist nicht nur praktischer Natur oder auf Grund der schieren Größe, sondern um die wirtschaftliche und politische Souveränität des Bündnisses konsequent zu stärken und auszuweiten.

In Zeiten von globalen Sanktionen und geopolitischen Spannungen, vor allem mit Blick auf Russland und China, wird es für die BRICS-Staaten immer wichtiger, ein eigenes, robustes Zahlungssystem aufzubauen, das sie unabhängig von westlichen Infrastrukturen macht. Und hier kommen wir auch schon zu den Beweggründen im Detail.

 

Warum überhaupt BRICS Pay?

  1. Souveränität über den Zahlungsverkehr

Stelle dir vor, du betreibst einen Laden, und deine einzige Kasse gehört dem Nachbarn – und zwar dem, der dich nicht besonders mag. Genau das ist die Abhängigkeit, die viele BRICS-Staaten in Bezug auf westliche Zahlungssysteme wie SWIFT empfinden. Sanktionen gegen Russland und geopolitische Spannungen mit China haben dies weiter verstärkt. Wer einmal von internationalen Zahlungssystemen ausgeschlossen wurde, merkt schnell, dass es keinen Spaß macht, plötzlich nur noch mit der eigenen Währung und regionalen Partnern handeln zu können oder mühsame und kostenintensive Umwege über Dritt- oder Viertländer zu gehen (hier kann der neu hinzugewonnene BRICS-Partner Iran – dem seit den 70er Jahren ein Handelsembargo auferlegt wurde, welches sich nach dem Ausstieg der USA aus dem JCPOA-Atomabkommen im Jahr 2018 noch verschärft hat – seine Expertise voll einbringen). Ganz neu ist dies übrigens zumindest für Russland nicht, hat man doch mit MIR bereits die Dominanz von Visa und MasterCard bereits seit 2015 begonnen zu brechen. Dass MIR übersetzt Welt bzw. Frieden bedeutet ist dabei eine interessante Randnotiz.

  1. Bekämpfung der US-Dollar und Euro-Dominanz

Vor allem der US-Dollar regiert den internationalen Handel – daran gibt es keinen Zweifel. Aber viele BRICS-Staaten fragen sich: Muss das so bleiben? BRICS Pay könnte die Dominanz des Dollars zumindest in den BRICS-Ländern selbst mindern, indem es den Handel in den jeweiligen nationalen Währungen erleichtert. Damit verbunden wäre weniger Druck durch Wechselkurse, eine gesteigerte Souveränität in finanziellen Angelegenheiten sowie eine Destabilisierung des USD, welcher zudem stark an den Ölhandel gekoppelt ist.

  1. Förderung der Digitalisierung

Digitale Währungen sind ein heißes Thema, und BRICS Pay könnte als Sprungbrett für die CBDCs (Central Bank Digital Currencies) der BRICS-Länder dienen. China ist da schon mit dem digitalen Yuan voraus, und es ist wahrscheinlich, dass andere BRICS-Staaten folgen. BRICS Pay könnte die technologische Basis für grenzüberschreitende Transaktionen mit diesen digitalen Währungen legen und den Zahlungsverkehr in der Region revolutionieren.

 

Wie funktioniert BRICS Pay überhaupt?

BRICS Pay bietet zwei Hauptansätze: Zahlungen über QR-Codes im Konsumentenbereich und eine B2B-Lösung, die auf Blockchain basiert. Beide Ansätze haben Potenzial.

 

QR-Code-Zahlungen

In den BRICS-Staaten, insbesondere in China und Indien, sind QR-Codes längst ein fester Bestandteil des Alltags. BRICS Pay will diese Methode nutzen, um grenzüberschreitende Zahlungen zu erleichtern. Die Vorteile liegen auf der Hand. QR-Codes sind einfach, kostengünstig und benötigen keine teure Hardware. Sie bieten insbesondere in Schwellenländern eine flexible Lösung, um bargeldlose Zahlungen zu verbreiten.

 

B2B-Zahlungen

BRICS Pay will den B2B-Zahlungsverkehr über Blockchain-Technologie vereinfachen und sicherer machen, indem es schnelle, direkte Transaktionen zwischen Unternehmen ermöglicht – ohne die Abhängigkeit von westlichen Systemen wie SWIFT. Der Vorteil liegt auf der Hand, da Blockchain-basierte Zahlungen Transparenz und Sicherheit bieten. Zudem könnten Unternehmen durch die direkte Abwicklung in den jeweiligen Landeswährungen Kosten und Transaktionszeiten einsparen.

 

Müssen wir uns nun Sorgen machen?

Nach aktueller Einschätzung eher nicht. Die Geschichte hat bewiesen, dass es gar nicht so einfach ist, ein neues Zahlungssystem oder gar Währungsbündnis aus dem Boden zu stampfen. Man schaue sich den Euro an, der von Idee bis Go-Live ca. 30 Jahre benötigt hat. Und da ging es um Nationen, die bereits in einem Bündnis organisiert waren und sich einen Kontinent teilen. Dem gegenüber steht BRICS bzw. BRICS Plus, als ein sehr mächtiges und sehr großes (im Sinne der Landfläche wie auch Bevölkerungszahl) jedoch auch geografisch sehr verstreutes Bündnis, dass sich in vielen Fragen alles andere als einig ist. Die einzelnen Länder haben zum Teil sehr unterschiedlichen Interessen, nur das „Feindbild“ ist ähnlich. Der im Schnitt deutlich geringere Anteil demokratischer Länder dürfte zumindest den ein oder anderen Entscheidungsweg beschleunigen.

Die Finanzmärkte der BRICS Länder wie China, Russland, Brasilien oder Indien, sowie potenzieller neuer Bündnispartner, können global (noch) nicht mit den USA konkurrieren, daher könnte man vermuten, dass sich mittelfristig die Implikationen von BRICS Pay eher auf die verbündeten Nationen limitiert. Allerdings darf man dabei nicht übersehen, dass sich z.B. mit Saudi-Arabien ein Schwergewicht der Ölproduzenten ein Beitritt ins Bündnis in Betracht zieht. Eine Abkehr vom Petrodollar kann in einem politischen Super-GAU enden. Allerdings ist Saudi-Arabien wie auch andere Ölproduzenten stark abhängig vom Ölhunger der westlichen Welt.

BRICS Pay ist momentan noch im Aufbau und es gilt abzuwarten, wie ernst die Bündnispartner ihr Vorhaben nehmen. Die potenziellen Auswirkungen auf die globale Payment-Landschaft sollten nicht unterschätzt werden. Es ist hingegen klug, die Entwicklungen genau zu beobachten und mögliche Chancen und Risiken regelmäßig zu evaluieren.

Am Ende könnte BRICS Pay entweder als revolutionäres System, dass den Dollar als Weltleitwährung in die Knie gezwungen hat, in die Geschichte eingehen – oder nur eine weitere Bemühung sein, die mangels Praktikabilität und Wettbewerbsfähigkeit in den Schubladen der Geschichte verschwindet.

Wie immer gilt: Es bleibt spannend im Payment-Bereich!